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Lerntext zum Thema Anwendungen von Radionukliden
Anwendung von Radionukliden
Bei den Begriffen Radioaktivität bzw. radioaktiver Strahlung haben die meisten Menschen zunächst negative Assoziationen. Radioaktivität wird oft mit Gefahr verbunden. Dahinter verbirgt sich jedoch ein ganz herkömmlicher chemisch-physikalischer Vorgang, der vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Wissenschaft und Medizin findet.
Was ist Radioaktivität?
Die radioaktive Strahlung ist ein natürlicher Vorgang, der 1896 von Henri Becquerel entdeckt wurde.
Radioaktivität bezeichnet die Eigenschaft der Atomkerne bestimmter Stoffe, spontan zu zerfallen oder Strahlung auszusenden.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Atom radioaktiv ist? Ein Nuklid ist definiert durch die Kernladungszahl, das ist die Anzahl der Protonen im Atomkern, und die Massenzahl, die sich aus der Summe der Protonen und Neutronen im Kern ergibt. Die Kernladungszahl einer Atomart ist stets konstant. Durch eine unterschiedliche Anzahl an Neutronen kann sich aber die Massenzahl von Nukliden einer Atomsorte unterscheiden. In diesem Fall spricht man von Isotopen. In der folgenden Abbildung sind beispielhaft drei Isotope des Wasserstoffs $\ce{H}$ dargestellt:
Ist ein Isotop instabil, kann es radioaktiv sein. Solche Isotope tragen die Bezeichnung Radioisotop oder Radionuklid. Die Instabilität wird durch das Ungleichgewicht von Protonen und Neutronen hervorgerufen. Durch den Zerfall der instabilen Atomkerne werden neue Atomkerne gebildet, die entweder stabil sind oder wiederum radioaktiv zerfallen. Fast alle Elemente sind Gemische verschiedener Isotope. Im Prinzip kann also jedes Element radioaktive Eigenschaften besitzen. Bekannte radioaktive Elemente sind beispielsweise Radium, Radon, Cäsium-137, Uran und Plutonium. Von diesen Elementen sind nur instabile Isotope bekannt.
Es gibt drei verschiedene Typen der radioaktiven Strahlung: $\alpha$-Strahlung, $\beta$-Strahlung und $\gamma$-Strahlung.
Diese drei Strahlungsarten werden in der folgenden Tabelle zusammenfassend erläutert:
Strahlungsart | Eigenschaft |
---|---|
$\alpha$-Strahlung | Bei diesem Zerfall werden Heliumkerne ($\alpha$-Teilchen) freigesetzt. Diese bestehen aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Diese Art der Strahlung hat ein niedriges Energieniveau. |
$\beta$-Strahlung | Bei dem $\beta$-Zerfall wird aus dem Atomkern ein Elektron herausgeschleudert. Das Elektron stammt nicht aus der Atomhülle, sondern entsteht im Kern aus der Umwandlung eines Neutrons in ein Proton und ein Elektron. Die $\beta$-Strahlung ist energiereich. |
$\gamma$-Strahlung | Bei der $\gamma$-Strahlung handelt es sich um kurzwellige, energiereiche elektromagnetische Wellen. |
Anwendung von Radionukliden in der Medizin
In der Medizin werden Radionuklide sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie eingesetzt. In der nuklearmedizinischen Diagnostik werden den Patienten radioaktiv markierte Substanzen, sogenannte Radiopharmaka, verabreicht, um Stoffwechselprozesse räumlich und zeitlich sichtbar zu machen. Deshalb werden Substanzen verwendet, die spezifisch an einem bestimmten Stoffwechselprozess beteiligt sind. Diese sind mit einem radioaktiven Stoff gekoppelt und werden dann als Tracer bezeichnet. In der Regel handelt es sich um schwach radioaktive Substanzen, die $\gamma$-Strahlung aussenden. In der Diagnostik werden häufig radioaktive Technetiumisotope $\ce{^{99m}Tc}$ oder auch Iod- oder Phosphorisotope eingesetzt. Das Sichtbarmachen erfolgt mit speziellen Untersuchungsgeräten, die die vom Körper ausgesendeten Gammastrahlen registrieren und in ein diagnostisches Bild, das sogenannte Szintigramm, verwandeln. Über diese Szintigrafie genannte Untersuchungsmethode können Erkrankungen der folgenden Organe festgestellt werden:
- Schilddrüse
- Niere
- Knochen
- Knochenmark
- Lunge
- Leber
- Lymphe
- Gehirn
- Skelett
Außerdem können Tumore und Entzündungen mithilfe der Szintigrafie diagnostiziert werden. In der Krebsdiagnostik sind jedoch die Single-Photon-Emissions-Computertomografie (SPECT) und die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) vorherrschend. Beide Verfahren verlaufen ähnlich wie die Szintigrafie, durch die Kopplung mit dem bildgebenden Verfahren der Computertomografie ist eine gleichzeitige Darstellung von anatomischen Strukturen und Stoffwechselprozessen möglich. Anders als bei diesen Verfahren der nuklearmedizinischen Diagnostik wird bei der Röntgendiagnostik der Körper von außen durch Röntgenstrahlen durchdrungen und so ein Bild vom Körperinneren erzeugt. Röntgenstrahlen sind radioaktiv, entstehen allerdings nicht durch natürliche Zerfallsprozesse, sondern sind künstlich erzeugte $\gamma$-Strahlen.
In der medizinischen Therapie kann radioaktive Strahlung in der Strahlentherapie zur Bekämpfung von Tumoren eingesetzt werden. Meist geschieht das in Kombination mit Operationen und Chemotherapie. Ziel der Strahlentherapie ist es, die Tumorzellen durch den Beschuss mit radioaktiver Strahlung abzutöten. Tumorzellen sind entartete, körpereigene Zellen, die sich unkontrolliert teilen. Die radioaktive Strahlung soll das Erbgut einer Tumorzelle in der Weise schädigen, dass eine weitere Teilung unterbleibt.
Anwendung von Radionukliden in der Wissenschaft
Ein bekanntes Beispiel für den Einsatz von Radioaktivität in der Forschung ist die Bestimmung des Alters von Fossilien mithilfe der Radiocarbonmethode. Diese macht sich den Zerfall des radioaktiven Kohlenstoffisotops $\ce{^{14}C}$ zunutze. In unserer Umwelt ist stets ein bestimmter Anteil des radioaktiven $\beta$-Strahlers $\ce{^{14}C}$ vorhanden und wird von allen lebenden Organismen über Fotosynthese und Ernährung aufgenommen. Stirbt ein Lebewesen, nimmt es kein $\ce{^{14}C}$ mehr auf und das vorhandene zerfällt mit einer Halbwertszeit von 5 740 Jahren. Das ist die Zeit, in der die Hälfte des ursprünglich vorhandenen $\ce{^{14}C}$ zerfallen ist. Im Lauf der Zeit schwächt sich also die Radioaktivität ab. Durch die Messung der radioaktiven Strahlung, die von einem Fossil ausgeht, lässt sich somit dessen Alter bestimmen.
Radionuklide – Zusammenfassung
- Von jedem Element existieren verschiedene Isotope. Ist ein Isotop instabil, sendet es radioaktive Strahlung aus. Solche Isotope werden Radioisotope oder Radionuklide genannt.
- Es wird zwischen drei radioaktiven Strahlungsarten unterschieden: $\alpha$-Strahlung, $\beta$-Strahlung und $\gamma$-Strahlung.
- Radioaktive Substanzen werden in der medizinischen Diagnostik eingesetzt, um anatomische Strukturen und Stoffwechselvorgänge sichtbar zu machen.
- Die Strahlentherapie nutzt radioaktive Strahlung, um Tumorerkrankungen zu behandeln.
- Die Radiocarbonmethode ist ein Verfahren zur Altersbestimmung von Fossilien durch Messung von Radioaktivität.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Radionuklide
Anwendungen von Radionukliden Übung
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Definiere folgende Begriffe.
Tipps$\alpha$-Strahlung
$\gamma$-Strahlung hat eine sehr hohe Frequenz, ($v$) nach $E = h \cdot v$
LösungNuklide sind Atomsorten mit einer bestimmten Anzahl an Protonen und Neutronen. Als Radionuklide werden sie bezeichnet, wenn sie dazu instabil, d.h radioaktiv, sind. Die Nuklide unterteilen sich in einige Gruppen, wie z.B. Isotone (gleiche Neutronenzahl), Isobare oder Iostope. Isotope sind Arten von Atomen, die in ihrem Atomkern gleich viele Protonen (gleiche Ordnungszahl), aber verschieden viele Neutronen enthalten. Deswegen haben sie unterschiedliche Massenzahlen, stellen aber das gleiche Element dar.
Ein Radionuklid kann entweder Alphastrahlung (ionisierende Strahlung durch Aussendung von ${}^4_2He$-Kernen), Betastrahlung (ionisierende Aussendung von Positronen ${}^0_{+1}e$ oder Elektronen ${}^0_{-1}e$) oder Gammastrahlung (elektromagnetische Wellen) aussenden.
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Bestimme die Anwendungsbereiche folgender Radionuklide.
TippsStrahlentherapien werden mit $\beta$- oder $\gamma$-Strahlen durchgeführt.
Damit ein Nuklid ein Betatstrahler ist, muss er neutronenreich oder protonenreich sein.
LösungEin Tracer (eng. trace → Spur) ist eine künstliche, meist radioaktive markierte Substanz, die nach Einbringung in den Körper am Stoffwechsel teilnimmt. Die Tracer können körpereigen oder körperfremd sein und erleichtern bzw. ermöglichen unterschiedliche Untersuchungen. Sie dienen zur Beobachtung von Atomen und Atomgruppen in Molekülen.
In der Strahlentherapie werden Radiopharmaka (Nuklide) eingesetzt, die $\beta$-, $\gamma$- oder X-Strahlen aussenden. Diese wirken dann zielgerichtet auf bestimmte Zellen, wobei gesunde Zellen weniger gestört werden als bösartige Zellen.
Zur Aussendung von Betastrahlung muss ein neutronenreiches oder protonenreiches Nuklid vorliegen. Alpha-Strahlung - zur Traceranwendung - senden schon sehr kleine Nuklide, wie z.B. ${}^{14}_6C$, aus. Deswegen werden bei der Strahlentherapie vor allem die Nuklide mit relativ großen Ordnungszahlen angewendet, wie z.B. ${}^{90}_{38}Sr$.
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Bestimme die Zerfallsprodukte bei einer Strahlentherapie mit Yttrium-90.
TippsEin $\beta$-Strahler kann sowohl Positronen ${}^0_{+1}e$ als auch Elektronen ${}^0_{-1}e$ freisetzen.
LösungDer $\beta$-Zerfall ist ein radioaktiver Zerfall von einem Atomkern. Während des Zerfalls verlassen entweder ein Elektron und ein Antineutrino oder ein Positron und ein Neutrino den Kern. Je nach Art der abgegebenen Teilchen wird zwischen dem Beta-Minus-Zerfall und dem Beta-Plus-Zerfall unterschieden:
- Der ${\beta}^+$-Zerfall tritt bei protonenreichen Atomen auf. Dabei wird ein Proton des Kerns in ein Neutron umgewandelt, wobei ein Positron ($e^+;~{}^0_{+1}e$) und ein Neutrino ($v_e$) freiwerden. Nach dem ersten Zerfall hat der Kern zwar ein Neutron mehr, aber ein Proton weniger, deswegen bleibt die Massenzahl (A) gleich, aber die Kernladungszahl (Z) nimmt um 1 ab.
- Der ${\beta}^-$-Zerfall findet bei einen Überschuss an Neutronen statt. Dabei wird ein Neutron in ein Proton umgewandelt unter Freisetzung eines Elektrons ($e^-;~{}^0_{-1}e$) und eines Antineutrinos ($\overline{v_e}$). Da sich nach dem Zerfall zwar ein Neutron weniger, aber ein Proton mehr im Kern befindet, bleibt die Massenzahl konstant und die Kernladungszahl steigt um 1 an.
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Ermittle das Alter des Fundstücks.
TippsNur bei einer Reaktion 1. Ordnung ist die Halbwertszeit unabhängig von der Konzentration.
LösungJeder radioaktive Zerfall folgt dem Gesetzen der Reaktion 1. Ordnung. Für eine Reaktion $A~\rightarrow~B$ ergibt sich das Geschwindigkeitsgesetz aus:
- Geschwindigkeitsgesetz: $\frac{d[A]}{dt} = - k [A]$
- Trennung der Variablen: $\frac{d[A]}{[A]} = -k~\cdot~t$
- Integration: $ln \left( \frac{[A]}{[{A_0}]} \right) = -k~\cdot~t$
- Halbwertszeit: $ln \left( \frac{\frac{[{A_0}]}{2}}{[{A_0}]} \right) = -k~\cdot~t_{1/2}$ → $ln2 = k \cdot t_{1/2}$
- Geschwindigkeitskonstante: $k = \frac{ln2}{t_{1/2}} = \frac{0,6931}{5730~a} = 1,21 \cdot 10^{-4} \frac{1}{a}$
- Altersbestimmung: $t = -~ln \left( \frac{\frac{[A]}{[{A_0}]}}{k}\right) = -a~ln \left( ~\frac{\frac{100%}{72%}}{1,21 \cdot 10^{-4}}\right) = 2714 a$
-
Bestimme die Nuklide mit gleicher Protonenzahl.
TippsIsotope sind Atome mit der gleichen Anzahl an Protonen und unterschiedlicher Anzahl an Neutronen.
Eisen-54 und Eisen-56 sind zueinander Isotope.
LösungIsotope sind Arten von Atomen, die in ihrem Atomkern gleich viele Protonen (gleiche Ordnungszahl), aber verschieden viele Neutronen enthalten. Deswegen haben sie unterschiedliche Massenzahlen, stellen aber das gleiche Element dar.
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Ergänze folgende Kernreaktionsgleichungen.
TippsAlphastrahlung ist die Aussendung von einem Kern mit 2 Protonen und einer Massenzahl von 4.
LösungWie bei allen Reaktionsgleichungen müssen die Zahlen auf der rechten und linken Seite vom Reaktionspfeil übereinstimmen. Das bedeutet, dass die Summe der Massen- und Ordnungszahlen auf beiden Seiten gleich groß sein muss.
Die aufgeführten Reaktionen sind $\alpha$- oder $\beta$-Zerfallsreaktionen (${\beta}^-$).
$\begin{array}{c|c|c} {\beta}^+ & {\beta}^- & {\alpha} \\ \hline \text{Zerfall}~{}^1_1p & \text{Zerfall}~{}^1_0n & \text{Abspaltung}~{}^4_2He \\ \hline {}^1_1p \rightarrow {}^1_0n~+~e^+~+v_e & {}^1_0n \rightarrow {}^1_1p~+~e^-~+ \overline{v_e} & -\\ \hline {}^A_ZX \rightarrow {}^A_{Z-1}Y~+~e^+~+~v_e & {}^A_ZX \rightarrow {}^A_{Z+1}Y~+~e^-+~ \overline{v_e} & {}^A_ZX \rightarrow {}^{A-4}_{Z-2}Y~+~{}^4_2He\\ \end{array}$
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