Der Investiturstreit
Der Investiturstreit markierte den Höhepunkt des Machtkampfs zwischen Papst und König Heinrich IV. Erfahre, warum Heinrich nach Canossa gehen musste und welche Reformen Papst Gregor VII. durchsetzte. Interessiert? Mehr dazu im Text!
- Der Investiturstreit – Machtkampf zwischen Papst und König
- Vorgeschichte des Investiturstreits
- Folgen des Reichstages: Der Investiturstreit
- Der Gang nach Canossa – Der Höhepunkt des Investiturstreits
- Der Investiturstreit wird zur kriegerischen Auseinandersetzung
- Ende des Investiturstreits: Das Wormser Konkordat
- Häufig gestellte Fragen zum Thema Investiturstreit
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Lerntext zum Thema Der Investiturstreit
Der Investiturstreit – Machtkampf zwischen Papst und König
Wenn jemand nach Canossa gehen muss, dann bedeutet das sprichwörtlich, dass man eine große Schmach, eine entscheidende Niederlage eingestehen muss. Das Sprichwort beinhaltet also eine Erniedrigung und Reue. Aber was hat es mit Canossa auf sich?
Canossa ist ein kleiner italienischer Ort, nicht weit von Bologna entfernt. Hier fand im Jahr 1077 der Höhepunkt des Investiturstreits zwischen dem Papst und König Heinrich IV. statt, letzterer musste sich unterwerfen. Warum aber hat sich dieses mittelalterliche Ereignis sogar in unsere Sprache eingebrannt? Welche Bedeutung hatte es und wie hing es mit dem Investiturstreit zusammen? Das alles erfahren wir in diesem Text.
Was ist eine Investitur?
Der Begriff Investitur stammt aus dem Lateinischen, wo vestire bekleiden bedeutet. Als Investitur wird die Einsetzung eines Geistlichen in ein kirchliches Amt bezeichnet, welches er im Anschluss daran dann bekleidet. Die Investitur wurde durch den weltlichen Herrscher, also den Kaiser oder König, vorgenommen, ab 1073 beanspruchte die katholische Kirche sie allerdings für sich.
Vorgeschichte des Investiturstreits
Eigentlich sah das kirchliche Recht vor, dass eine Investitur nur durch kirchliche Würdenträger erfolgen konnte. Im Heiligen Römischen Reich wurde diese Festlegung allerdings seit geraumer Zeit vernachlässigt. Die weltlichen Herrscher, allen voran der König des Reiches, setzten Bischöfe, Äbtissinnen und Äbte eigenständig ein und wählten dabei ihnen zugetane, zuverlässige Gefolgsleute aus. Diese wiederum erlangten für ihre Treue häufig Macht und Reichtum. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Laieninvestitur, da ein nicht durch die Kirche berechtigter Laie, also weltlicher Herrscher, die Investitur vergab.
Durch den neu gewonnenen Reichtum hatten sich beispielsweise viele Klöster vom eigentlichen Ideal ihrer Berufung weit entfernt. Die mönchischen Regeln der mittelalterlichen Klöster sahen ein in sich gekehrtes Leben in Armut vor. Teile der katholischen Kirche versuchten daher, sich durch Reformen gegen diese Veränderungen zu stellen. Es stellte sich die Frage, ob eine Laieninvestitur überhaupt gültig sein konnte und ob nicht die Ausübung und die Sinnhaftigkeit der Kirche durch sie in ernster Gefahr war. Alle durch Laien eingesetzten Kirchenfürsten wurden pauschal des Ämterkaufs bezichtigt. Besonders das Reformkloster in Cluny nahm eine Vorreiterrolle in dieser sogenannten Reformbewegung ein. Man verlangte ein deutliches Zeichen des Papstes und eine strenge Trennung von weltlicher und kirchlicher Macht.
Reformen durch den Papst
Der sich somit bereits seit einigen Jahrzehnten anbahnende Konflikt brach offen aus, als mit Gregor VII. ein Mann Papst wurde, der zum einen die Macht der Kirche schützen wollte, zum anderen keine Angst vor einem Bruch mit dem deutschen König hatte. Heinrich IV., der König des Heiligen Römischen Reiches, nahm auch auf dem Gebiet des Kirchenstaates Einsetzungen vor. Das brachte das Fass zum Überlaufen, Papst Gregor protestierte und verbot auf einer Zusammenkunft der Kirchenvertreter, einer Synode, die Laieninvestitur.
Wusstest du schon?
Heinrich IV. ist nicht nur auf Grund seines Konfliktes mit Papst Gregor VII. bekannt. Er stammte aus dem Haus der Salier, die damals die deutsche Königskrone trugen. Sein Vater verstarb sehr früh, hatte aber seinen noch dreijährigen Sohn bereits zum König wählen lassen. Bis zu Heinrichs 15. Geburtstag führte seine Mutter gemeinsam mit ihm das Heilige Römische Reich, Adel und Klerus erhielten wesentlich mehr Macht als zuvor. Als Heinrich 1065 volljährig wurde, strebte er jedoch an, mit derselben uneingeschränkten Macht zu regieren wie sein Vater. Die Laieninvestitur war für ihn ein wichtiges Mittel, diese Macht wieder aufzubauen.
Seit der Synode 1075 war somit die Einsetzung von Äbtissinnen, Äbten und Bischöfen durch weltliche Herrscher verboten, als Strafe drohte der Papst mit Exkommunikation und Kirchenbann. Gleichzeitig entzog er den durch Laieninvestitur an ihre Ämter gelangen Kirchenfürsten ihre Rechte und belegte sie mit dem Kirchenbann, was einem Verstoß aus der Kirche gleichkam.
Heinrich IV., der sich als von Gott gekrönt ansah und somit dem Papst ebenbürtig, nahm diesen Machtverlust allerdings nicht hin.
Reichstag zu Worms
Heinrich IV. stellte sich auf dem regelmäßig stattfindenden Reichstag auf die Seite der gebannten Bischöfe. Er verurteilte das Verbot der Laieninvestitur und sah sie weiterhin als gültig an. Damit war zu rechnen, da Heinrich auf die ihm treu ergebenen Bischöfe angewiesen war, um seinen Machtanspruch zu wahren. Er ging allerdings noch einen Schritt weiter, indem er, gemeinsam mit den Bischöfen des Heiligen Römischen Reiches, Papst Gregor VII. für abgesetzt erklärte.
Da auch der Papst nicht bereit war, seine Macht aufzugeben und sich Heinrich zu beugen, exkommunizierte er Heinrich im Frühjahr 1076.
Exkommunikation und Kirchenbann
Das kirchliche Recht geht davon aus, dass man mit der Taufe die Zugehörigkeit zur Kirche unwiderruflich erwirbt. Auch die Exkommunikation kann diese nicht aufheben. Sie ist ein als Strafe ausgeführter Ausschluss aus dem kirchlichen Gemeinschaftsleben. Kombiniert mit dem Kirchenbann, also der zwanghaften Fernhaltung von allen kirchlichen Orten, kann der Glaube nur noch im Privaten ausgeübt werden.
Folgen des Reichstages: Der Investiturstreit
Der Streit zwischen der weltlichen Macht in Person von König Heinrich IV. und der kirchlichen Macht, vertreten durch Papst Gregor VII., war also für alle offen zu Tage getreten. Er war zwar um die Rechtmäßigkeit von Laieninvestituren entbrannt, befasste sich nun aber mit handfesten machtpolitischen Überlegungen. Heinrich IV. war Herrscher des Heiligen Römischen Reiches. Seine Legitimation beruhte neben der Geburt in das Herrschergeschlecht der Salier auf dem Gottesgnadentum, also der Vorstellung, dass Gott selbst ihn zum Herrscher ernannt hatte. Er war also davon abhängig, Teil der kirchlichen Gemeinschaft zu sein. Ein von den christlichen Sakramenten ausgeschlossener König war im Mittelalter einfach nicht vorstellbar.
Besonders seine Kritiker und Gegner sahen in seinem Streit mit dem Papst nun eine Möglichkeit, ihn abzusetzen. Die deutschen Fürsten drohten ihm, einen anderen König zu wählen, wenn er nicht innerhalb eines Jahres den Bann lösen würde. Auch die Heinrich eng verbundenen Bischöfe gingen nun auf Abstand und sahen Gregor als legitimen Papst an. Heinrich war also gezwungen schnell zu handeln, da seine Macht sich stark verringerte. Zudem machte sich der Papst auf den Weg ins Heilige Römische Reich, was einer Kriegserklärung gleichkam. Der König fürchtete seine Absetzung.
Wusstest du schon?
Bevor sich Heinrich IV. auf den Weg nach Canossa machte, wurde der Konflikt zwischen König und Papst überwiegend über Briefe ausgetragen, die der Geschichtswissenschaft heute als wichtige Quellen zum Investiturstreit dienen. Fast alles, was wir über den Streit wissen, erfahren wir also aus Briefen oder Chroniken, die der Papst oder der König entweder selber geschrieben oder aber in Auftrag gegeben haben. Diese Beschreibungen sind also nicht objektiv bzw. unvoreingenommen, sondern immer von einer persönlichen Sichtweise geprägt.
Der Gang nach Canossa – Der Höhepunkt des Investiturstreits
Der Streit war also auf seinem Höhepunkt angelangt. Heinrich IV. beschloss, dem Papst und seinem Gefolge entgegenzukommen, ehe dieser die Alpen überqueren konnte. Man traf in Italien aufeinander. Weil der Papst einen Angriff Heinrichs befürchtete, hatte er sich auf die Burg Canossa zurückgezogen. Dort trafen König und Papst, die sich jeweils nicht anerkannten, im Januar 1077 aufeinander.
Es folgten zähe Verhandlungen, weil beide nicht bereit waren, von ihrem Standpunkt abzuweichen. Schließlich gab Heinrich IV. nach und soll im Büßergewand, barfuß und unbewaffnet vor die Burg getreten sein. Nachdem er einige Zeit im Schnee ausgeharrt hatte, begnadigte ihn Gregor VII. und löste den Kirchenbann. So berichten zumindest die vom König in Auftrag gegebenen Chroniken von dem Ereignis. Ob das wirklich der Wahrheit entspricht, oder ob Heinrich IV. hier bewusst ein Bild vom büßenden Christen entwerfen ließ, können wir aufgrund der Quellenlage heute nicht sagen. Allerdings erreichte Heinrich sein Ziel, das Ultimatum der deutschen Fürsten war erfüllt worden. Der König hatte sich also dem Papst unterworfen und das auf eine sehr eindrückliche Art und Weise. Der Gang nach Canossa beinhaltet seitdem sprichwörtlich die zuvor beschriebene Unterwerfung, die einer Erniedrigung gleichkommt.
Der Investiturstreit wird zur kriegerischen Auseinandersetzung
Heinrich hatte also die Forderungen der deutschen Fürsten erfüllt und den Kirchenbann gelöst, allerdings wurde trotzdem ein Gegenkönig gewählt. Nichtsdestotrotz war Heinrich IV. aus dem Gang nach Canossa nicht geschwächt, sondern eher gestärkt hervorgegangen. Er besiegte den Gegenkönig und seine Widersacher im Reich und auch der Investiturstreit mit Gregor VII. ging in die nächste Runde. Denn trotz seiner Unterwerfung im verschneiten Italien war der König immer noch nicht bereit, auf die Laieninvestitur zu verzichten. Gleichzeitig konnte sich der Papst auf eine gestärkte Reformbewegung innerhalb des Reiches verlassen. Der König wurde erneut mit einem Kirchenbann belegt, beantwortete diesen allerdings mit der Einsetzung eines neuen, ihm treu ergebenen Gegenpapstes. Nach vielen auch militärischen Auseinandersetzungen marschierte Heinrich 1084 in Italien ein und vertrieb Papst Gregor VII. Dieser starb ein Jahr später im Exil. Heinrich IV. wurde von den Fürsten des Reiches mit einem Mitregenten versehen, seinem eigenen Sohn, Heinrich V., der sich mit den Gegnern des Vaters verbündet hatte und ihn 1106 endgültig stürzte.
Der Streit um die Investitur war zwar zur Ruhe gekommen, geklärt waren die Verhältnisse zwischen weltlicher und geistlicher Macht allerdings noch nicht. Auch Heinrich V. nutzte die Laieninvestitur als Machtinstrument und geriet darüber in Konflikte mit der kirchlichen Macht.
Ende des Investiturstreits: Das Wormser Konkordat
Am 23. September 1122 unterzeichneten Heinrich V. und der damalige Papst Calixt II. eine Urkunde, das sogenannte Wormser Konkordat. Dieses war ein Kompromiss, den die vergangenen Kriege und Streitigkeiten zwischen König und Papst notwendig gemacht hatten. Das Wormser Konkordat beendete den Investiturstreit und beinhaltete folgende Punkte:
- Die Belehnung der geistlichen Herrscher und ihre Wahl zum Bischof erfolgten in Zukunft getrennt. Die Lehnsherrschaft wurde also durch die weltliche Macht, die Investitur durch die christliche Macht ausgeübt.
- Der deutsche Herrscher behielt einen Einfluss auf die Besetzung der wichtigen kirchlichen Ämter, entschied aber nicht über sie.
- Alle weltlichen Belange hinsichtlich der kirchlichen Würdenträger fielen im Folgenden dem König, die Geistlichen dem Papst zu.
- Es erfolgte eine strikte Trennung zwischen kirchlicher und weltlicher Macht.
Der Investiturstreit – Zusammenfassung
- Der Investiturstreit entbrannte im 11. Jahrhundert darum, wer kirchliche Ämter vergeben und Bischöfe und Äbtissinnen und Äbte einsetzen durfte. Sowohl der deutsche König und seine Fürsten, als auch der Papst sahen sich dazu befähigt und im Recht.
- Nachdem Gregor VII. Papst geworden war, kam es zum Ausbruch des Konfliktes, da dieser eine Reform der Investituren anstrebte und die weltliche macht einschränken wollte.
- König Heinrich IV. missachtete die päpstlichen Weisungen und setzte den Papst sogar ab. Dieser antwortete darauf mit dem Kirchenbann des Königs.
- Um die eigene Macht zu wahren, musste Heinrich IV. den Kirchenbann zu lösen. Er traf den Papst 1077 in Canossa, wo er durch eine angebliche Büßergeste schließlich die Aufhebung des Kirchenbanns erreichte.
- Im Folgenden gab es weitere, mitunter kriegerische Auseinandersetzungen hinsichtlich der Investituren. Heinrich IV. vertrieb schließlich Papst Gregor VII., löste allerdings den Investiturstreit nicht.
- Erst das Wormser Konkordat von 1122 beendete die ständigen Kriege und Konflikte um die weltliche und kirchliche Macht zugunsten der Kirche. Sie ging gestärkt aus dem Konflikt hervor.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Investiturstreit
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