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Die Verfassung des Deutschen Reichs 1871

Die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 legte den Grundstein für die Schaffung eines Nationalstaats unter Bismarck. Diese Verfassung etablierte eine konstitutionelle Monarchie mit einem Reichstag und Bundesrat. Untersuche die Vor- und Nachteile dieser Verfassung, die den Weg für die nationale Einheit Deutschlands ebnete. Interessiert? Im folgenden Text kannst du mehr darüber erfahren.

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Lasse
Die Verfassung des Deutschen Reichs 1871
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Grundlagen zum Thema Die Verfassung des Deutschen Reichs 1871

Verfassung des Kaiserreiches von 1871 – Vorgeschichte

Das Deutsche Reich bzw. Deutsche Kaiserreich von 1871 gründete sich zu Zeiten der Industrialisierung. Menschen zogen vom Land in die Städte, um dort zu arbeiten. Überall entstanden große Fabriken und neue Ideen und Erfindungen schossen wie Pilze aus dem Boden. Die gesamte Welt veränderte sich von Grund auf – so auch Deutschland.

Die Gründung des Deutschen Reichs im Januar 1871 war dabei ein tiefer Einschnitt in der deutschen Geschichte. Zwar gab es bereits lange davor ein deutsches Zusammengehörigkeitsgefühl und Nationalbewusstsein, wie auch die Revolution von 1848/49 zeigte, Deutschland selbst war aber nicht viel mehr als ein Flickenteppich aus vielen vereinzelten Herrschaftsgebieten und Fürstentümern, lose vereint im Deutschen Bund. Erst dem früheren preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck sollte es gelingen, mittels seiner berühmten „Blut und Eisen Politik“ alle außenpolitischen Widersacher zu bezwingen und die deutschen Fürsten von einem geeinten Staat zu überzeugen.

Exkurs: Otto von Bismarck und die Gründung des Reiches

Die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871

Die erste Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 beruhte auf dem Konzept der konstitutionellen Monarchie. Der Kaiser hatte zwar noch immer die größte Macht inne, doch musste er sich nun an Gesetze sowie an die Regeln der Verfassung halten und stand nicht über dem Gesetz. Im Vergleich zur Verfassung von 1849 gab es also tatsächlich einige demokratische Fortschritte, doch hatte die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 hinsichtlich der Gewaltenteilung längst nicht alle Erwartungen des Volkes erfüllt.

Reichsverfassung1871

Verfassung von 1871 – Gewaltenteilung oder Gewaltenverschränkung?

Anstatt von Gewaltenteilung spricht man bei der Verfassung 1871 eher von einer Gewaltenverschränkung. Warum dies so ist, erklärt sich am besten, indem man die einzelnen Elemente der Exekutive (die vollziehende, vollstreckende Gewalt) und Legislative (die gesetzgebende Gewalt) betrachtet.

Der deutsche Kaiser
Der Reichskanzler
Der Reichstag

Der Bundesrat – eigentlicher Souverän des Reichs

Den legislativen Part hatte der Bundesrat inne. Dieser setzte sich aus Vertretern der einzelnen Bundesstaaten zusammen und war an der Gesetzgebung beteiligt, aber eben nur unter Vorsitz des Reichskanzlers. Wegen der Stellung von Kaiser und Kanzler zum Bundesrat spricht man statt von einer Gewaltenteilung von einer Gewaltenverschränkung, da die Gewalten nicht wirklich aufgeteilt wurden, sondern die entscheidenden Machtbefugnisse in den Händen des Kaisers und des Reichskanzlers lagen.

Was ist ein Souverän?

Der deutsche Bundestag definiert den Begriff Souverän folgendermaßen:

„Der Souverän ist der Inhaber der umfassenden Hoheitsgewalt im Staat, nach außen (völkerrechtlich) wie nach innen (staatsrechtlich). In demokratischen Republiken und parlamentarisch-demokratischen Monarchien ist das Volk der Souverän, in absoluten und konstitutionellen Monarchien das Staatsoberhaupt. Die Souveränität wird begrenzt durch das Völkerrecht und die Grundrechte der Einzelnen.“

Insgesamt bestand das Reich aus 25 Staaten: jeweils vier Königreiche, sechs Großherzogtümer, fünf Herzogtümer, sieben Fürstentümer und den freien Städten Hamburg, Bremen und Lübeck. Sie waren die sogenannten Souveräne im Reich. Die flächenmäßige Größe der einzelnen Staaten spiegelte sich in der Anzahl ihrer Vertreter im Bundesrat wider. Preußen beispielsweise hatte allein aufgrund seiner Größe ganze 17 von insgesamt 58 Sitzen im Reichstag inne und besaß diesbezüglich eine Sperrminorität. Eine Sperrminorität bedeutet, dass ein Veto Preußens eine Gesetzesinitiative jederzeit unmöglich machte, da Preußen diese einfach blockieren konnte. Der Bundesrat konnte also ohne Preußen praktisch nichts beschließen. Andere Gebiete, wie beispielsweise Bayern oder Württemberg, besaßen sogenannte Reservatrechte (auch Sonderrechte, das bedeutete, dass sie eigene Reservate selbst leiten konnten, so zum Beispiel ein eigenes Kriegsministerium in Bayern). Dies schwächte den Bundesrat zusätzlich.

Die Verfassung von 1871 – Vor- und Nachteile

Aspekt Vorteile Nachteile
Gewaltenteilung Formelle Trennung von Legislative und Exekutive: Der Reichstag als gesetzgebendes Organ und der Reichskanzler als Regierungschef bildeten eine klare Trennung.
Föderale Struktur: Der Bundesrat ermöglichte die Beteiligung der Einzelstaaten an der Gesetzgebung und sicherte ihre Interessen.
Dominanz der Exekutive: Der vom Kaiser ernannte Reichskanzler besaß weitreichende Befugnisse und konnte den Reichstag bei wichtigen Entscheidungen umgehen.
Mangelnde Unabhängigkeit der Judikative: Die Justiz war eng an die Verwaltung gebunden, was ihre Unabhängigkeit einschränkte.
Staatsaufbau Einheitlicher deutscher Staat: Die Verfassung schuf einen geeinten deutschen Staat unter preußischer Führung.
Föderale Elemente: Die Einzelstaaten behielten eine gewisse Selbstständigkeit, was die Akzeptanz der Verfassung erleichterte.
Preußische Dominanz: Preußen übte aufgrund seiner Größe und militärischen Stärke eine übermäßige Dominanz aus.
Beschränkter Minderheitenschutz: Die Rechte von Minderheiten waren nicht ausreichend geschützt.
Politisches System Stabilität: Die Verfassung sorgte für ein stabiles politisches System, das über Jahrzehnte Bestand hatte.
Repräsentative Demokratie: Der Reichstag ermöglichte eine gewisse Beteiligung der Bürger an der politischen Willensbildung.
Konservative Ausrichtung: Die Verfassung war stark konservativ geprägt und schränkte progressive, demokratische Elemente ein.
Mangelnde soziale Gerechtigkeit: Soziale Fragen wurden vernachlässigt, was zu sozialen Spannungen führte.
Sonstiges Wirtschaftswachstum: Die Verfassung förderte die wirtschaftliche Entwicklung durch die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraums. Militärmacht: Das preußische Militär spielte eine zentrale Rolle im neuen Reich und prägte dessen Außenpolitik.
Kulturelle Einheit: Die Verfassung trug zur Stärkung des deutschen Nationalbewusstseins bei.

Erklärung der wichtigsten Problempunkte:

  • Gewaltenteilung: Obwohl es eine formelle Trennung zwischen Legislative und Exekutive gab, lag die tatsächliche Macht bei der Exekutive, insbesondere beim Kaiser. Die Judikative war nicht unabhängig. Daher bietet sich hier der Begriff Gewaltenverschränkung an, denn er beschreibt treffend, wie die Gewalten in der Reichverfassung miteinander verflochten waren.
  • Staatsaufbau: Die Verfassung schuf einen einheitlichen deutschen Staat, aber die Dominanz Preußens schränkte die föderalen Elemente ein.
  • Politisches System: Das politische System war eher konservativ und die Macht des Reichstags war begrenzt.
  • Sonstiges: Die Verfassung hatte weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft, das Militär und die kulturelle Entwicklung Deutschlands.

Zusammenfassung – die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871

  • Fortschrittliches Wahlrecht: Die Reichsverfassung von 1871 führte ein Wahlrecht ein, das im internationalen Vergleich als fortschrittlich galt. Das allgemeine Gleichheitsprinzip erlaubte es jedem wahlberechtigten Mann ab 25 Jahren, seinen Abgeordneten direkt zu wählen, unabhängig von seinem sozialen Status. Frauen durften allerdings nicht wählen.
  • Begrenzte Demokratie: Trotz des fortschrittlichen Wahlrechts war die Demokratie im Deutschen Reich stark eingeschränkt. Die tatsächliche Macht lag bei der Exekutive, insbesondere beim Kaiser und dem Reichskanzler.
  • Mangelnde Gewaltenteilung: Die Gewaltenteilung war eher theoretisch als praktisch umgesetzt. Der Reichstag und der Bundesrat hatten nur begrenzten Einfluss auf die Politik, da sie von der Exekutive kontrolliert wurden.
  • Fehlende Grundrechte: Die Verfassung gewährte den Bürgern keine umfassenden Grundrechte.
  • Beständigkeit und Wandel: Die Reichsverfassung blieb bis zum Ende des Ersten Weltkriegs in Kraft. Noch im November 1918 dankt der Kaiser ab, im Folgejahr tritt dann die Weimarer Verfassung in Kraft.
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Vorschaubild einer Übung

Transkript Die Verfassung des Deutschen Reichs 1871

Hallo, mein Name ist Lasse und heute erzähle ich euch von den wichtigsten Merkmalen der Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 und ihrer Problematik. Um dieses Video zu verstehen, solltet ihr vielleicht wissen, wer Otto von Bismarck war, was seine politischen Grundprinzipien waren, und wann und wie das Deutsche Reich gegründet wurde.

Das Deutsche Reich war eine konstitutionelle Monarchie. Das bedeutete, der Kaiser hatte die größte Macht im Reich, er musste sich aber an die geltenden Gesetze und die Regeln der Verfassung halten. Anstatt einer Gewaltenteilung gab es im Deutschen Reich eine Gewaltenverschränkung mit dem Kaiser und den Staaten, die im Bundesrat vertreten waren.

Die Exekutive des Deutschen Reichs

Schauen wir uns nun die Exekutive des Deutschen Reichs an. Zunächst einmal den Kaiser. Der Kaiser als Hauptbestandteil der Exekutive hatte folgende Befugnisse. Er vertrat das Reich völkerrechtlich nach außen, hatte eine Mitwirkung an der Gesetzgebung und den militärischen Oberbefehl. Zudem kam es ihm zu, die Regierung zu ernennen und zu entlassen. Ferner berief der Kaiser den Reichstag ein und schloss ihn auch wieder. Dies alles führte zu einer sehr mächtigen und fast unkontrollierbaren Stellung des Kaisers in der Verfassung.

Den anderen Teil der Exekutive bildete der Reichskanzler, der vom Kaiser eingesetzt wurde. Auch der Reichskanzler unterlag keinerlei Kontrolle der Volksvertretung. Außerdem war er Vorsitzender des Bundesrates.

Und nun zum Bundesrat. Der Bundesrat war an der Gesetzgebung beteiligt. Er setzte sich aus Vertretern der Bundesstaaten zusammen. Sein Vorsitzender war der Reichskanzler. Wegen der Stellung des Bundesrates und des Kaisers spricht man von einer Verschränkung der Gewalten anstatt von einer Gewaltenteilung.

Die Bedeutung der 25 Bundesstaaten

Nun zur Bedeutung der 25 einzelnen Bundesstaaten. Das Deutsche Reich war ein föderaler Bundesstaat. Das bedeutet, dass es aus mehreren einzelnen Staaten bestand, die jeweils für sich eigene Rechte hatten. Insgesamt waren dies 25 Staaten. Darunter 4 Königreiche, 6 Großherzogtümer, 5 Herzogtümer, 7 Fürstentümer und die freien Städte Hamburg, Bremen und Lübeck. Die 22 Fürsten der Bundesstaaten und die Senate der freien Städte waren der Souverän** im Reich.

Die flächenmäßige Größe der einzelnen Staaten spiegelte sich in der Anzahl ihrer Vertreter im Bundesrat wieder. Preußen als mit Abstand flächenmäßig größter Staat hatte allein 17 von 58 Stimmen im Bundesrat und verfügte damit über eine Sperrminorität. Wenn jemand eine Sperrminorität hat, kann er allein durch seinen Stimmenanteil bei Abstimmungen bestimmte Beschlüsse verhindern. Mit anderen Worten: Ohne die Zustimmung Preußens konnten die anderen Staaten im Bundesrat nichts erreichen. Einige Staaten, wie zum Beispiel Württemberg und Bayern, hatten bestimmte Reservatrechte. Bayern hatte beispielsweise ein eigenes Kriegsministerium und die Post- und Bahnhoheit.

Die Makel der Verfassung von 1871

Der Reichstag wurde von Männern über 25 Jahren gewählt. Er hatte das Budgetrecht inne, mit Ausnahme des Militärhaushalts. Mit Zustimmung des Bundesrats hatte der Reichstag zudem die Gesetzesinitiative. Aber der Reichstag hatte keinerlei Kontrolle gegenüber dem Militär und der Regierung, und der hatte auch in der Außenpolitik nichts mitzubestimmen. So war der Reichstag sehr schwach im Vergleich zu Bundesrat, Kaiser und Reichskanzler.

Der größte Makel an der Verfassung von 1871 war die ungleiche Verteilung der Macht. Die lag beim Kaiser, dem Bundesrat und dem Reichskanzler. So gab es ein sehr starkes Übergewicht der Exekutive, die so gut wie gar nicht kontrolliert wurde, denn das Volk hatte kaum Mitspracherecht. Weil die Exekutive im Deutschen Reich kaum kontrolliert wurde, war es sehr wichtig, dass dort fähige Politiker saßen. Bis 1890 war Otto von Bismarck Reichskanzler. Dann wurde er vom Kaiser Wilhelm II entlassen, der vor allem in der Außenpolitik nicht besonnen handelte.

So liebe Freunde, jetzt wisst ihr Bescheid. Und bis zum nächsten Mal - haltet die Ohren steif.

Die Verfassung des Deutschen Reichs 1871 Übung

Du möchtest dein gelerntes Wissen anwenden? Mit den Aufgaben zum Video Die Verfassung des Deutschen Reichs 1871 kannst du es wiederholen und üben.
  • Bestimme, welche Regierungsfunktionen das entsprechende Verfassungsorgan innehatte.

    Tipps

    Kaiser und Reichskanzler hatten zusammen die Exekutive inne.

    Im Bundesrat waren die Repräsentanten der Bundesstaaten vertreten.

    Lösung

    Die Verfassungsorgane übernahmen in der Regierung des Deutschen Reichs von 1871 folgende Aufgaben:

    • Kaiser: Er vertrat das Reich völkerrechtlich nach außen, wirkte an der Gesetzgebung mit, hatte den militärischen Oberbefehl inne, ernannte und entließ die Regierung. Außerdem berief er den Reichstag ein und schloss diesen. Zusammen mit dem Reichskanzler bildete der Kaiser die Exekutive.
    • Reichskanzler: Er wurde vom Kaiser einberufen, war Vorsitzender des Bundesrats und unterlag keiner Kontrolle der Volksvertretung.
    • Bundesrat: Er war an der Gesetzgebung beteiligt und setzte sich aus Vertretern der Bundesstaaten zusammen.
    • Reichstag: Er wurde von Männern über 25 Jahren gewählt, hatte das Budgetrecht inne (außer über den Militärhaushalt) und übernahm mit Zustimmung des Bundesrats die Gesetzesinitiative. Der Reichstag hatte keine Kontrolle über Militär und Regierung und verfügte über kein Mitspracherecht in der Außenpolitik.

  • Fasse die Rolle des preußischen Landtags innerhalb der Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 zusammen.

    Tipps

    Je größer ein Bundesstaat war, desto mehr Vertreter im Bundesrat durfte dieser Staat stellen.

    Lösung

    Preußen bzw. der preußische Landtag hatte innerhalb der Reichsverfassung von 1871 die Hegemonie inne. Nicht nur im Bundesrat waren mehrheitlich preußische Repräsentanten im Landtag vertreten, zudem war der deutsche Kaiser zugleich der König von Preußen. Außerdem war der Reichskanzler auch preußischer Ministerpräsident.

  • Arbeite die konservativen und liberalen Merkmale der Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 heraus.

    Tipps

    Die Sperrminorität gilt als Beispiel für die Hegemonie Preußens, d. h. für dessen Vormachtstellung gegenüber den anderen Staaten. Ist das ein Merkmal für eine liberale, also freiheitliche Verfassung?

    Der Reichstag wurde als Gesamtvertretung des Volkes vom Volk gewählt.

    Lösung

    Die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 war gekennzeichnet von konservativen und liberalen Merkmalen, da die Reichsverfassung ein Kompromiss zwischen dem konservativ monarchischen Staat und den Forderungen der Liberalen darstellte.
    Obwohl in dieser Verfassung die konservativen Merkmale überwogen, war die konstitutionelle Monarchie doch die Staatsform, die bis zum Ersten Weltkrieg mehrheitlich in Deutschland akzeptiert wurde. Deswegen forderten die Liberalen mehrheitlich nicht den Umbau der Verfassung in ein parlamentarisches System. Vielmehr sahen viele Liberale durch die Gründung des Deutschen Kaiserreiches ihren Wunsch nach einem Nationalstaat mit einer Zentralgewalt und einer einheitlichen Gesetzgebung erfüllt.
    Dass nur Männer wählen durften, wirkt aus heutiger Sicht natürlich sehr konservativ. Damals galt es in Deutschland jedoch bereits als liberal, dass überhaupt Menschen aus allen Bevölkerungsschichten die Möglichkeit besaßen, den Gang an die Wahlurne anzutreten.

  • Zeige, inwiefern sich in der Reichsgründung von 1870/71 die unterschiedlichen sozialen und politischen Interessen widerspiegeln.

    Tipps

    Wenn es stimmt, dass das neue Reich ein Nationalstaat ohne Nation gewesen sei, welche Rechte wurde dann den Liberalen innerhalb der Verfassung eingeräumt?

    Lösung

    Der Historiker Eberhard Jäckel stellt die unterschiedlichen sozialen und politischen Interessen an der Reichsgründung wie folgt dar:

    • Die Liberalen haben zwar einen Nationalstaat gefordert, wurden dann aber von der feudalen Oberschicht bewusst aus der Verfassung ausgeschlossen.
    • Die feudale Oberschicht hatte weniger Interesse an einem Nationalstaat, weil dieser Machteinbußen mit sich gebracht hätte. Die Liberalen hofften hingegen durch die Gründung eines Nationalstaats auf einen Wirtschaftsaufschwung und damit auf eine bessere gesellschaftliche Position.
    Quelle: Bahr, Frank (Hrsg.): Horizonte II. Geschichte für die Oberstufe. Von der Französischen Revolution bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. Westermann: Braunschweig, 2003, S. 171 f.

  • Gib das preußische Dreiklassen-Wahlrecht wieder.

    Tipps

    Das Dreiklassenwahlrecht stufte die Wähler nach ihren Steuerleistungen in drei Klassen ein. Je mehr Steuern ein Wähler entrichtete, umso höher war das Gewicht seiner Stimme.

    Nur eine Aussage ist korrekt.

    Lösung

    Der SPD-Politiker Eduard Bernstein prangert in der vorliegenden Quelle das preußische Dreiklassen-Wahlrecht an. Ausgehend von der Höhe der Steuerabgaben hatte die Stimme des Wählers dabei mehr bzw. weniger Gewicht. Obwohl die Mehrheit der preußischen Wahlberechtigten der dritten Klasse angehörte, hatte ihre Stimme gegenüber der zweiten und ersten Klasse, die jeweils eine Minderheit waren, weniger Gewicht.

    Quelle: Bahr, Frank (Hrsg.): Horizonte II. Geschichte für die Oberstufe. Von der Französischen Revolution bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. Westermann: Braunschweig, 2003, S. 172.

  • Analysiere die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 auf ihren modernen und traditionellen Charakter.

    Tipps

    Obwohl den Parteien eine wichtige moderne Funktion innerhalb der Reichsverfassung zukam, blieben sie auch rückständig. Inwiefern?

    Lösung

    Die Verfassung des Deutschen Kaiserreichs zeichnete sich ebenso durch ihre modernen demokratischen Züge wie auch durch ihre traditionellen monarchischen Elemente aus. Obwohl die Verfassung vor allem durch die Rolle der Parteien moderner wurde, wurde die konstitutionelle Verfassung nie in Frage gestellt. Erst mit dem Ende des Ersten Weltkrieges drängten die Mehrheitsparteien in die Regierung. Die militärische Führung unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff wollte keine Verantwortung für die Niederlage übernehmen, obwohl sie im Laufe des Krieges die Politik des Kaiserreichs fast diktatorisch bestimmt hatte. Die Machtübernahme durch die Parteien ließen sie daher nur allzu bereitwillig geschehen. Durch den Druck des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, nur mit einer demokratischen Regierung Frieden zu schließen, wurde schließlich der Weg für eine Parlamentarisierung frei und das Kaiserreich wurde am 28. Oktober 1918 zu einer parlamentarischen Monarchie, bis es sich kurze Zeit später mit der Entstehung der Weimarer Republik vollständig auflöste.

    Quelle: Kaiserreich (1871-1918): https://www.bundestag.de/parlament/geschichte/parlamentarismus/kaiserreich (abgerufen am 14.09.2020)

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