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Elementarteilchenphysik

Das Standardmodell der Teilchen und ihren Wechselwirkungen bringen Ordnung in den Teilchenzoo.

Inhaltsverzeichnis zum Thema

Die Suche nach den Bausteinen der Materie

Schon die alten Griechen stellten sich vor, dass Materie aus kleinen Bausteinen bestehen muss. Die kleinsten Grundbausteine sollten ihrerseits nicht weiter teilbar sein. Vom griechischen Wort „átomos“, das unteilbar bedeutet, leitet sich auch der Begriff „Atom“ ab. Bis zum heutigen Tage hat sich die Vorstellung, was genau die kleinsten Bausteine der Materie sind, stetig gewandelt.

Lange stellten sich Physiker die scheinbar unteilbaren Atome als kleine feste Kugeln vor. Noch bis ins 20. Jahrhundert galten Atome als die kleinsten Bausteine der Materie. Durch Rutherfords Streuversuch wurde klar, dass Atome ihrerseits aus einem Kern und einer Elektronenhülle bestehen.

Mit der Entdeckung der Kernspaltung wusste man, dass auch der Atomkern nicht unteilbar ist. Durch Experimente mit Teilchenbeschleunigern entdeckten Physiker, dass auch die Protonen und Neutronen des Kerns wiederum aus kleineren Teilchen bestehen und gaben diesen den Name Quark.

Aufbau_der_Atome.jpg

Quarks und auch Elektronen hingegen sind nach heutigem Stand der Physik nicht aus kleineren Teilchen zusammengesetzt und können daher tatsächlich als kleinste Bausteine der Materie bezeichnet werden. Quarks und Elektronen gehören daher zu den Elementarteilchen. Möglicherweise werden Wissenschaftler in Zukunft mit besserer Technik auch diese Vorstellung wieder revidieren, bisher sieht es allerdings nicht danach aus.

Der Teilchenzoo

Durch technische Errungenschaften im 20. Jahrhundert wurden Experimente und Detektoren immer präziser. So wurden in der kosmischen Strahlung wie auch in Teilchenbeschleunigern über Jahre ständig neue Teilchen entdeckt, die in ihren Eigenschaften den bekannten Neutronen und Protonen ähnelten, aber sich doch von ihnen unterschieden. Diese Flut an neuen Teilchen prägte den Begriff Teilchenzoo.

Zunächst war nicht klar, worauf die Ähnlichkeit der Teilchen zurückzuführen ist. Mit der Entdeckung der Quarks konnte dann schließlich Ordnung in den Teilchenzoo gebracht werden. Da all diese neuen Teilchen (insbesondere auch die Protonen und Neutronen) aus wenigen Quarks zusammengesetzt sind, konnten ihre ähnlichen Eigenschaften durch Quark-Theorien erklärt und abgeleitet werden.

Ebenso fanden Physiker auch Teilchen, die dem Elektron ähnelten. All diese neuen Entdeckungen und Erkenntnisse des 20. Jahrhunderts sind im Standardmodell zusammengefasst.

Standartmodell.jpg

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik

Das Standardmodell kannst du dir vorstellen wie einen Katalog aus allen Elementarteilchen, ihren Eigenschaften und Wechselwirkungen sowie Rechenregeln.

Das Standardmodell umfasst alle Elementarteilchen, die in erster Ebene in Fermionen und Bosonen unterteilt sind. Die Fermionen werden weiter unterteilt in Leptonen und Quarks, die jeweils als Paare in drei Generationen auftreten. Es existieren demnach sechs Quarks sowie sechs Leptonen, die sich in ihrer Masse unterscheiden.

Quarks

Es gibt drei Quarks, die mit zwei Drittel der Elementarladung ($\frac23 e$) positiv geladen sind. Ihre drei Partnerquarks haben eine Ladung von $-\frac13 e$. Quarks treten niemals alleine auf, sondern bilden sogenannte Hadronen, die in der Regel aus zwei oder drei Quarks zusammengesetzt sind. Auch Protonen und Neutronen gehören damit zu den Hadronen und bestehen aus drei Quarks. Hadronen sind auch der Namensgeber des großen Teilchenbeschleunigers am CERN bei Genf: Large Hadron Collider (LHC).

Leptonen

Zu den Leptonen gehört beispielsweise das Elektron. Neben dem Elektron gibt es zwei weitere negativ geladene Leptonen. Jedes dieser drei Teilchen hat ein elektrisch neutrales Partnerteilchen, die Neutrinos.

Wissenswertes über Elementarteilchen

Obwohl es insgesamt 61 Elementarteilchen gibt, besteht sämtliche stabile Materie (außer dunkle Materie) aus lediglich drei Teilchen: Elektron, up-Quark und down-Quark. Auch machen die im Standardmodell beschriebenen Teilchen nur etwa 20% der im Universum vorkommenden Materie aus. Ein Großteil besteht nach aktuellem Forschungsstand aus dunkler Materie, die physikalisch noch nicht verstanden ist. Viele offene Fragen, die die Physik vielleicht schon in naher Zukunft beantworten kann.

Neben diesen noch offenen Fragen gibt es auch erstaunliche Fakten zu Elementarteilchen. So ist das Neutron nach außen hin elektrisch neutral, es besteht aber aus geladenen Quarks (up-, down- und down-Quark), die sich genau ausgleichen. Genauso wie auch ein Atom nach außen hin elektrisch neutral ist, aber einen positiv geladenen Kern und eine negativ geladene Elektronenhülle besitzt.

Und auch die Massen der Elementarteilchen unterscheiden sich teils drastisch. Ein einzelnes top-Quark beispielsweise ist in etwa so schwer wie ein Wolfram-Atomkern, der im Mittel aus 183 Protonen und Neutronen und somit aus 549 up-und down-Quarks besteht. Dabei sind die Quarks sehr viel kleiner, sie besitzen als Elementarteilchen nur einen Durchmesser von etwa $10^{-18}$m. Obwohl (oder gerade weil) Elementarteilchen so unvorstellbar klein sind, werden riesige Detektoren und Experimente benötigt, um sie zu studieren. Der oben erwähnte LHC hat beispielsweise einen Umfang von 27km.

Teilchen und Antiteilchen

Wie zuerst von Paul Dirac in der Quantenelektrodynamik vorhergesagt, besitzt jedes Elementarteilchen ein Antiteilchen. Das Antiteilchen hat eine identische Masse, aber umgekehrte Ladung. So ist das Antiteilchen des Elektrons positiv geladen und wird daher Positron genannt. Es existieren ebenfalls negativ geladene Antiprotonen oder auch Antineutronen. Ob es hingegen tatsächlich auch Antineutrinos gibt, ist Gegenstand der aktuellen Forschung.

Forschern des CERNs gelang es kürzlich erstmals, ein Antiproton und ein Positron zu einem stabilen Atom zusammenzuführen. Diese Kombination entspricht Antiwasserstoff, das exakte Gegenteil eines Wasserstoffatoms. Abgesehen davon weisen Antiwasserstoff und Wasserstoff tatsächlich identische Eigenschaften auf. Die in manchen Science-Fiction-Filmen thematisierte Antimaterie ist inzwischen also physikalische Realität.

Paarbildung und Paarvernichtung

Trifft ein Teilchen auf sein Antiteilchen, so werden beide unter Freisetzung von Energie (Photonen) vernichtet. Die entstehende Energie hängt nach Einsteins Formel

$E=mc^2$

von der Masse der Teilchen ab. Dieser Prozess ist unter dem Namen Paarvernichtung oder Annihilation bekannt. Umgekehrt kann auch aus Energie (aus Photonen) ein Teilchen-Antiteilchen-Paar erzeugt werden. Dieser Prozess heißt Paarerzeugung. Beispielsweise entstehen durch die Energie im elektrischen Feld eines Atomkerns ständig Elektron-Positron-Paare, die sich sofort wieder gegenseitig vernichten.

Wechselwirkungen und Austauschteilchen

Das Standardmodell enthält neben den Quarks und Leptonen, die den Fermionen zugehörig sind, auch Bosonen. Bosonen sind sogenannte Austauschteilchen der drei im Standardmodell enthaltenen Wechselwirkungen oder Kräfte. Die Bosonen sind ebenfalls Elementarteilchen, aber sie bilden keine Materie. Stattdessen übertragen sie Kräfte zwischen den Teilchen, in etwa so wie ein Ball, der geworfen einen Impuls von dir zu deinem Freund überträgt.

Zum einen gibt es die schwache Wechselwirkung, die auf alle Teilchen wirkt und die eine Rolle bei Teilchenzerfällen spielt. Zum anderen gibt es die starke Wechselwirkung, die nur auf Quarks wirkt und die die Hadronen und Atomkerne zusammenhält. Beide Wechselwirkungen habe ihre eigenen Austauschteilchen.

Die dritte Kraft ist die elektromagnetische Wechselwirkung, die auf alle geladenen Elementarteilchen wirkt. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist die geläufigste, da sie die einzige Kraft ist, die auch auf großen Skalen wirkt und damit auch im Alltag eine Rolle spielt. Das zugehörige Austauschteilchen ist das Photon. Photonen hast du bereits als Lichtteilchen kennengelernt. Tatsächlich sind sie nicht nur Quanten des Lichts, sondern jeder elektromagnetischen Welle. In der Quantenfeldtheorie werden solche Quanten als Bosonen interpretiert.

Das Higgs-Boson

Vielleicht hast du neben dem Photon auch schon einmal etwas vom Higgs-Boson gehört. Dieses Boson wurde bereits in den 60er Jahren von dem Physiker Peter Higgs postuliert und ist dafür verantwortlich, dass die Elementarteilchen eine Masse haben. Seine Existenz konnte erst 2012 am CERN bestätigt werden. Die Entdeckung des Higgs-Bosons ging durch die Medien und bescherte Peter Higgs im darauffolgenden Jahr den Nobelpreis für Physik. Mit dem Higgs-Boson war endlich das letzte Teilchen des Standardmodells gefunden und bestätigte dessen Richtigkeit.

Jenseits des Standardmodells – existenzielle Fragen

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik ist eine herausragende Errungenschaft der modernen Physik und beschreibt eine Vielzahl physikalischer Phänomene korrekt. Aber dennoch gibt es einige Herausforderungen der modernen Physik, die nicht mit dem Standardmodell beschrieben werden können.

Das Standardmodell ist im Rahmen der Quantenmechanik formuliert. Bis heute ist es nicht gelungen, die Quantenmechanik mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie zu vereinen. Daher ist die Gravitation auch nicht als vierte Wechselwirkung im Standardmodell enthalten. Ebenso gibt es kein Austauschteilchen der Gravitation. Die dunkle Materie, die einen Großteil der Materie des Universums ausmacht, kann ebenfalls nicht durch Teilchen des Standardmodells erklärt werden. Und auch die Dunkle Energie, die den Großteil des Energiegehalts des Universums ausmacht, gibt weiterhin Rätsel auf.

Auch stellt sich die Frage, warum wir überhaupt existieren, da nach dem Standardmodell im frühen Universum zu gleichen Teilchen Antimaterie und Materie entstanden sein müssten (Paarbildung), die sich aber gegenseitig wieder auslöschen würden. Offensichtlich gibt es aber heutzutage noch Materie im Universum.