Der Prozess (Kafka)
Franz Kafkas Romanfragment „Der Prozess“ ist erst nach seinem Tod erschienen. Die rätselhafte Geschichte um Josef K., der grundlos verhaftet wird, hat seitdem nicht an Popularität verloren.
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30 Tage kostenlos testenInhaltsverzeichnis zum Thema
- „Der Prozess“ – Entstehungsgeschichte
- „Der Prozess“ – Inhaltsangabe
- „Der Prozess“ – Personenkonstellation
- „Der Prozess“ – Interpretation und Rezeption
„Der Prozess“ – Entstehungsgeschichte
Wie würdest du dich fühlen, wenn du morgens aufwachst und plötzlich stehen drei fremde Männer in deiner Wohnung? Sie verhaften dich, aber erklären dir nicht, warum. Genau das passiert Josef K., der Hauptfigur in „Der Prozess“. Dieser Roman, der immer ein Fragment geblieben ist, ist eines der bekanntesten Werke von Franz Kafka (1883–1924). Der in Prag geborene Schriftsteller gehört zu den einflussreichsten Autoren des 20. Jahrhundert und wird auch heute noch weltweit gelesen. Sein Schreibstil, durch den er eine bedrohliche Atmosphäre erzeugt, ist so außergewöhnlich, dass er mit einem eigenen Adjektiv beschrieben werden kann: kafkaesk. So außergewöhnlich wie sein Schreibstil ist sein gesamtes Werk: Es lässt sich in keine Schublade stecken. Obwohl Kafkas literarisches Schaffen in die Zeit des Expressionismus (ca. 1910–1925) fällt, lassen sich seine Erzählungen nicht eindeutig dieser Epoche zuordnen. Bei Kafkas Werken sprichst du daher von Texten mit expressionistischer Tendenz.
Schon eine Weile treibt Kafka das Thema Gerichtsbarkeit ohne verbindliche Rechtsbasis um. Im Sommer 1914 kommt es dann zu einem Vorfall, der heute als (vermeintlicher) Auslöser für die mysteriöse Geschichte um den Bankmitarbeiter Josef K. gilt. Kafkas Verlobte Felice Bauer löst nach langem und einem Verhör ähnelnden Gespräch die Verlobung. Kafka selbst fühlt sie wie auf der Anklagebank und kann die Schuldzuweisungen nicht nachvollziehen. Ein Wort findet er, um die Situation zu beschreiben: Tribunal. Wenig später beginnt Kafka mit der Arbeit an „Der Prozess“.
„Der Prozess“ – Inhaltsangabe
Alles beginnt mit der Verhaftung des Josef K. an seinem 30. Geburtstag. Dabei bleibt bis zum Schluss unklar, warum der junge Mann verhaftet wird. Erst glaubt K. an einen schlechten Scherz seiner Arbeitskollegen, doch spätestens als er dem Untersuchungsrichter vorgeführt wird, wird klar: Hier stimmt irgendetwas nicht. Der Richter wiederum schenkt K. kaum Aufmerksamkeit, als dieser versucht, das Gericht von der Unrechtmäßigkeit seiner Verhaftung zu überzeugen. Und so geht es immer weiter, keiner interessiert sich für K.s Anklage. Dieser wiederum ist völlig ohnmächtig und kann sich der staatlichen Gewalt kaum widersetzen. Er erhält nicht einmal Einsicht in die Anklageschrift. Obwohl er sein bisheriges Leben so weiterführen kann wie bisher, dringt das Gericht nach und nach in alle Sphären von K.s Leben und beherrscht sowohl seinen privaten als auch beruflichen Alltag. Am Vorabend seines 31. Geburtstags kommen schließlich zwei Männer in K.s Wohnung und führen ihn ab. Das ist K.s Todesurteil: Wenig später erstechen sie ihn. Die Ermordung ist genauso rätselhaft wie die ganze Geschichte, in der alles vage bleibt und nichts greifbar erscheint.
„Der Prozess“ – Personenkonstellation
Der kühl und menschenscheu wirkende Josef K., dem diese albtraumhafte Geschichte widerfährt, hat kaum freundschaftliche Kontakte. Im Laufe der Geschichte stellt sich auch heraus, dass niemand wirklich Interesse daran hat, mit ihm eine emotionale Beziehung einzugehen. So kämpft K. bis zum Schluss alleine für sein Recht – vergeblich, wie wir wissen. Trotzdem begegnen ihm in dieser Zeit viele verschiedene Personen. Manche gehören K.s Arbeitsumfeld an. Bei seiner Verhaftung beispielsweise sind drei ihm untergebene Arbeitskollegen anwesend. Das erweckt den Eindruck, dass die Arbeitswelt schon von Beginn an mit dem Gericht unter einer Decke steckt. Auch aus K.s Familie erscheint eine Person, sein Onkel. Dieser will K. in Bezug auf die gerichtliche Angelegenheit helfend zur Seite stehen. Darüber hinaus gibt es in der Geschichte mehrere verführerische Frauenfiguren, die alle mehr oder weniger in Verbindung mit dem Gericht stehen. Da wäre z. B. Leni, die den kranken Anwalt Huld pflegt und etwas über den Prozess zu wissen scheint, jedoch nichts erzählt. Und natürlich ist da noch die Welt des Gerichts, dessen Inkompetenz beispielsweise durch den Untersuchungsrichter verkörpert wird. In dieser Welt versinkt K. zunehmend.
„Der Prozess“ – Interpretation und Rezeption
Eines musst du vorab wissen: Kafkas Werke vollständig und allgemeingültig zu interpretieren, ist nahezu unmöglich. Dies trifft in besonderem Maße für „Der Prozess“ zu, zumal es sich ja nur um ein Romanfragment handelt, das erst nach Kafkas Tod erschienen ist. Unter anderem gibt es aber folgende Interpretationsansätze:
Der psychoanalytische Interpretationsansatz: Das Gefängnis ist eigentlich K.s Kopf und die Vorgänge im Gericht stehen stellvertretend für Vorgänge im Inneren von K.
Der politische Interpretationsansatz: Die Geschichte ist ein vorweggenommener Kommentar zur Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten.
Der persönliche Interpretationsansatz: Franz Kafka verarbeitet in „Der Prozess“ seine eigenen Erfahrungen, das Romanfragment ist also vor biographischem Hintergrund zu lesen.
Durch positive Kritiken von Zeitgenossen wie Hermann Hesse oder Kurt Tucholsky erlangte Kafkas unvollendeter Roman schnell Bekanntheit. Trotz (oder gerade wegen) seiner Mehrdeutigkeit konnte der Text große Erfolge feiern, auch international.
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