Die Blechtrommel (Grass)
Günter Grass erhielt für sein literarisches Werk 1999 den Nobelpreis. Mitverantwortlich für den Erhalt dieser angesehenen Auszeichnung war sicher auch der Roman „Die Blechtrommel“, der den deutschen Schriftsteller mit einem Schlag weltberühmt machte.
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- Entstehungsgeschichte
- Inhaltsangabe
- Personenkonstellation
- Rezeptionsgeschichte und Interpretationsansatz
Entstehungsgeschichte
Drei Jahre lang feilte Günter Grass (1927-2015) an den Entwürfen, bevor sein Schelmen- und Entwicklungsroman „Die Blechtrommel“ im Jahre 1959 erstmals erschien. Der in Danzig geborene und aufgewachsene Schriftsteller verarbeitete im Schreibprozess viele eigene Erlebnisse, sodass „Die Blechtrommel“ einige Parallelen zu Grass' Leben aufweist. Die Hauptfigur Oskar verbringt seine Kindheit beispielsweise auch in der Stadt Danzig. Genau wie Grass selbst ist auch Oskar der Sohn eines Kolonialwarenhändlers und es existieren auch in seiner Familie mehrere Nationalitäten.
Dieser Roman ist aber keinesfalls ein rein autobiografisches Konstrukt. „Die Blechtrommel“ liest sich auch wie eine Anklageschrift gegen die Missstände in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein Großteil der deutschen Bevölkerung verdrängt die Verbrechen der Nationalsozialisten und schweigt die eigene Mitschuld tot. Das wollte Grass nicht hinnehmen, sondern mithilfe von Literatur der deutschen Gesellschaft der 50er Jahre einen Spiegel vorhalten. Letzten Endes war die Entstehung des Romans nur der Auftakt zu dieser Lebensaufgabe, der sich Grass verschrieben hatte. Mit der Novelle „Katz und Maus“ (1961) und dem Roman „Hundejahre“ (1963) vervollständigte er seine sogenannte Danziger Trilogie, die er in der Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg ansiedelte.
Inhaltsangabe
Die Handlung des Romans ist in drei Bücher eingeteilt. Das erste Buch spielt vor dem Zweiten Weltkrieg, das zweite währenddessen und das dritte danach. Die Hauptfigur Oskar Matzerath ist ein Sonderling: An seinem dritten Geburtstag erhält der Junge - nach eigener Aussage zum Zeitpunkt seiner Geburt geistig schon vollends entwickelt - eine Blechtrommel und beschließt, nicht mehr zu wachsen. Oskars Hauptbeschäftigung ist von nun an das Trommeln. Außerdem hat Oskar eine weitere „Begabung“: Er kann Glas „zerschreien“. Dies nutzt er aus, um immer dann zu protestieren, wenn ihm etwas nicht passt.
Oskar berichtet im weiteren Verlauf der Geschichte von immer mehr NSDAP-Aufmärschen und SA-Männern auf der Straße. In der Reichsprogromnacht 1938 zerstören SA-Schergen den Laden des jüdischen Spielwarenladenbesitzers Sigmund Markus, der sich daraufhin das Leben nimmt. Zur selben Zeit etwa stirbt auch Oskars Mutter an einer Fischvergiftung. Alfred Matzerath, Oskars Vater, heiratet bald darauf Maria, die nur wenig älter ist als Oskar und mit der er zuvor seine ersten sexuellen Erfahrungen gesammelt hat. Vermutlich ist Oskar auch der Vater von ihrem Sohn Kurt, der 1941 geboren wird. Als 1945 Alfred Matzerath von den einmarschierenden Russen erschossen wird, fasst Oskar den Entschluss, wieder zu wachsen und begräbt mit seinem Vater auch seine Blechtrommel.
Gemeinsam mit Maria und Kurt verlässt Oskar die Stadt Danzig und die drei ziehen um nach Düsseldorf. Dort verliebt er sich in die Krankenschwester Dorothea, doch eine nächtliche Begegnung endet nicht wie erwartet: Dorothea verschwindet. Nachdem Oskar sie angeblich ermordet haben soll, wird er vor Gericht gestellt und kommt schließlich in eine Nervenheilanstalt.
Personenkonstellation
Die Hauptfigur Oskar Matzerath erzählt in Grass' Roman seine Lebensgeschichte. Bei seiner Beschreibung muss zwischen dem dreijährigen und dem erwachsenen Oskar unterschieden werden. Statt zu sprechen, trommelt der jüngere Oskar lieber, und statt zu protestieren, nutzt er seine Begabung, Glas zu zerschreien. Er berichtet aus der Perspektive eines Erwachsenen und fühlt sich der Erwachsenenwelt gleichzeitig überlegen.
Die stärkste Bindung hat der selbstbewusste Oskar zu seiner Mutter Agnes Matzerath, die sehr gewitzt und schlagfertig ist. Sein Vater Alfred Matzerath hingegen ist ein einfacher, unsensibler Mann und sympathisiert durchaus mit den Nationalsozialisten. Insgesamt hat Oskar ein eher unterkühltes Verhältnis zu ihm. Seinen Tod, an dem er eine gewisse Mitschuld trägt, nimmt Oskar gefühlskalt und ohne Selbstvorwürfe hin.
Mit dem Dienstmädchen Maria erlebt Oskar seine ersten erotischen Abenteuer. Sie ist seine große Liebe, doch sie erwidert diese Liebe nicht und lehnt auch seinen späteren Heiratsantrag ab. Daneben spielen auch viele andere Frauen eine Rolle im Leben der Hauptfigur, zum Beispiel die kleinwüchsige Roswitha oder die Krankenschwester Dorothea. Am Ende des Romans ist Oskar ein vereinsamter Mann, der Angst vor der Welt außerhalb der Klinik hat.
Rezeptionsgeschichte und Interpretationsansatz
„Die Blechtrommel“ ist wohl der meistdiskutierte und am häufigsten interpretierte Roman der Nachkriegszeit. Doch was erhitzte die Gemüter so sehr? Der Roman wurde von vielen Kritikern gelobt. Zum Beispiel erhielt Grass bereits 1958 – also ein Jahr vor Erscheinung! – den Preis des Schriftstellerzirkels Gruppe 47. Dass ein Schriftsteller so offen über jenes dunkle Kapitel der deutschen Geschichte schreibt, ist aus heutiger Perspektive keine große Angelegenheit mehr, doch 1959 war das eine Provokation. Viele Deutsche wollten nicht mit ihrer Mitschuld an den Nazi-Verbrechen konfrontiert werden. Daneben empfand ein Teil der Leserschaft die erotischen Szenen mit Oskar, der ja äußerlich ein Kind ist, als pervers und anstößig. Trotzdem verhalf der Roman Günter Grass zu seinem internationalen Durchbruch als Autor. Nicht umsonst erhielt der Schriftsteller 1999 den Literaturnobelpreis. Die Verfilmung von 1979 erhielt sogar einen Oscar – als bester fremdsprachiger Film.
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