Die BRD in der Ära Adenauer
Die Ära Adenauer markierte eine prägende Zeit in der Bundesrepublik. Konrad Adenauer setzte auf strenge Westbindung und förderte die soziale Marktwirtschaft. Interessiert? Finde mehr über seine Innen- und Außenpolitik heraus im folgenden Text!
- Die Bundesrepublik Deutschland in der Ära Adenauer
- Adenauers Außenpolitik
- Wiederherstellung der staatlichen Souveränität
- Einbindung in westliche Bündnisse
- Adenauers Politik gegenüber dem Ostblock
- Aussöhnung mit dem Staat Israel
- Adenauers Innenpolitik
- Kanzlerdemokratie
- Soziale Marktwirtschaft
- Die Entwicklung der CDU zur Volkspartei
- Vergangenheitspolitik
- Das Ende der Ära Adenauer
- Die Ära Adenauer – Zusammenfassung
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Lerntext zum Thema Die BRD in der Ära Adenauer
Die Bundesrepublik Deutschland in der Ära Adenauer
In der Geschichte der Bundesrepublik von 1949 bis 2024 gab es nur neun Personen, die das Amt des Bundeskanzlers innehatten, oft für eine lange Zeitspanne, denn die Amtszeit des Bundeskanzlers ist nicht zeitlich beschränkt. Der Bundeskanzler prägt die politische und gesellschaftliche Landschaft in seiner Amtszeit oft in beträchtlichem Maß. Man spricht darum zum Beispiel auch von der „Ära Merkel“, der „Ära Brandt“ und nicht zuletzt von der „Ära Adenauer“.
Konrad Adenauer (CDU), der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik, hatte von 1949 bis 1963 die Aufgabe, die Menschen wieder für die Idee der Demokratie zu gewinnen und die entsprechenden Institutionen zu etablieren. Gleichzeitig musste das vom Krieg zerstörte und traumatisierte Land wieder aufgebaut und das Ansehen Deutschlands im Ausland wiederhergestellt werden – und das alles vor dem Hintergrund der deutschen Teilung und des Ost-West-Konflikts. Adenauers patriarchalisch-autoritärer Führungsstil und seine konservativen Überzeugungen bestimmten den politischen Alltag der Bundesrepublik in den ersten 14 Jahren, als entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Für viele Deutsche dieser Zeit war er eine Art Vaterfigur.
Adenauer auf Zwei-DM-Münze |
Adenauers Außenpolitik
Das zentrale Prinzip der Außenpolitik Adenauers war die bedingungslose Westbindung, das heißt die Integration in das westliche Bündnissystem und in Westeuropa. Zu diesem Zweck übernahm er von 1951 bis 1955 auch das Amt des Außenministers.
Wiederherstellung der staatlichen Souveränität
Erstes Ziel von Adenauers Außenpolitik war die Wiederherstellung der Souveränität der neu gegründeten Bundesrepublik. Denn unmittelbar nach dem Krieg war Deutschland der Autorität der alliierten Besatzungsmächte unterstellt und konnte nicht selbstständig außenpolitisch agieren. Die Wiederherstellung der Souveränität vollzog sich schrittweise und in enger Bindung an den Westen.
- 1949: das Petersberger Abkommen mit den Alliierten, das der Bundesrepublik die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu anderen Staaten und den Beitritt zu internationalen Organisationen ermöglichte
- 1954: die Pariser Verträge, die die Besatzungsherrschaft offiziell beendeten und den NATO-Beitritt der Bundesrepublik für das Jahr 1955 festschrieben
- 1955: die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik, der Aufbau der Bundeswehr und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ab 1956
Einbindung in westliche Bündnisse
Zur Westintegration gehörte auch die Einbindung in westeuropäische Institutionen und die Aussöhnung mit Frankreich. Auch diese vollzog sich in mehreren Schritten:
- Am Anfang stand 1951 die „Montanunion“ oder EGKS mit Frankreich, Italien und den Beneluxstaaten (Belgien, Niederlande, Luxemburg), die einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl schuf und damit ein heimliches Aufrüsten verhinderte.
- 1955 trat die Bundesrepublik der NATO bei, nachdem der Gedanke einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft gescheitert war.
- 1957 wurden mit den Römischen Verträgen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) gegründet. Damit war die Grundlage für die Europäische Union gelegt.
- 1963 folgte der Vertrag über die deutsch-französische Freundschaft, auch als „Elysée-Vertrag“ bekannt.
Adenauers Politik gegenüber dem Ostblock
Für Adenauer hatte die Bindung an den Westen Vorrang vor der Wiedervereinigung Deutschlands. Das wird besonders deutlich im Kontext der sogenannten Stalin-Noten, als er ein Angebot Stalins zur Wiedervereinigung bei gleichzeitiger politischer Neutralität Deutschlands ablehnte. Die Bundesrepublik unter Adenauer betrachtete sich als alleiniger Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs und erkannte die DDR nicht als Staat an. Dieser Alleinvertretungsanspruch fand seinen Ausdruck auch in der sogenannten Hallstein-Doktrin von 1955, die bestimmte, dass die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der DDR durch andere Staaten als „unfreundlicher Akt“ zu werten sei, was damit praktisch diplomatische Kontakte zu anderen Staaten des Ostblocks verhinderte. Dennoch nahm die Bundesrepublik 1955 diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion auf und Adenauer reiste sogar nach Moskau. Das Ziel dieser Reise war die Entlassung der letzten Kriegsgefangenen zehn Jahre nach Kriegsende. Diese sogenannte „Heimkehr der Zehntausend“ trug maßgeblich zu Adenauers Ansehen bei und gilt als eine der wichtigsten Errungenschaften seiner Kanzlerschaft.
Aussöhnung mit dem Staat Israel
Auch die Aussöhnung mit dem neu gegründeten Staat Israel gehörte zu Adenauers außenpolitischen Zielen. Angesichts der Schrecken des Holocausts und der Verfolgung von Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus war dies eine besonders schwierige Aufgabe. Im Luxemburger Abkommen von 1952 wurden zunächst Wiedergutmachungszahlungen an Israel vereinbart. Sowohl die Höhe als auch die Angemessenheit dieser Zahlungen waren in beiden Ländern umstritten, aber zumindest war ein erster Schritt zur Aussöhnung getan. Erst 1965 nahmen Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen auf – also erst nach der Amtszeit Adenauers.
Adenauers Innenpolitik
Als Präsident des Parlamentarischen Rats war Adenauer schon vor seiner Zeit als Bundeskanzler maßgeblich an der Gestaltung der demokratischen Institutionen in der neu gegründeten Bundesrepublik beteiligt. Ein wichtiges Ziel war dabei, der Bevölkerung nach Krieg und Diktatur wieder Stabilität und Vertrauen in demokratische Institutionen zu geben.
Der Parlamentarische Rat tagte von September 1948 bis Mai/Juni 1949 in Bonn. Seine Aufgabe war die Schaffung des Grundgesetzes als Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland und die Schaffung der Voraussetzungen für die erste Bundestagswahl und die erste Wahl des Bundespräsidenten. Die Mitglieder des Parlamentarischen Rats wurden von den Länderparlamenten der westlichen Besatzungszonen gewählt.
Adenauers persönliche Haltung war bestimmt von einem ausgeprägten Antikommunismus, der sich sowohl gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die 1956 verboten wurde, als auch gegen die SPD richtete. Die Sozialdemokraten stellten unter Kurt Schumacher die wichtigste Oppositionspartei in der Ära Adenauer.
Kanzlerdemokratie
Das Grundgesetz etablierte für die Bundesrepublik Deutschland eine parlamentarische Demokratie. Der Kanzler hat als Regierungschef die sogenannte Richtlinienkompetenz, das heißt, er trifft die Entscheidung in Grundsatzfragen, wobei sich idealerweise das gesamte Kabinett einig sein sollte. Ein durchsetzungsfähiger und tendenziell autoritärer Kanzler wie Adenauer hat durch dieses Prinzip sehr viel Macht – deshalb spricht man auch von einer „Kanzlerdemokratie“.
Soziale Marktwirtschaft
Um den Wiederaufbau Deutschlands zu beschleunigen, entschied man sich für eine Gestaltung des Wirtschaftssystems im Sinne der sozialen Marktwirtschaft. Die Verantwortung hierfür lag in erster Linie beim Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard. Adenauer setzte persönliche Schwerpunkte im Bereich des Lastenausgleichs für Vertriebene, des sozialen Wohnungsbaus und der Rentenpolitik. Er unterstützte auch die Mitbestimmung von Arbeitnehmern.
Ludwig Erhard mit Bundeskanzler Adenauer |
Die Wirtschaftswunderjahre brachten auch einen gesellschaftlichen Wandel mit sich. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung und die verstärkte Einwanderung von sogenannten „Gastarbeitern“ entwickelte sich die Bundesrepublik in dieser Zeit langsam zu einer pluralistischen Konsumgesellschaft.
Die Entwicklung der CDU zur Volkspartei
Adenauer war nicht nur Bundeskanzler, sondern von 1950 bis 1966 auch Parteivorsitzender der CDU. In der Vorkriegszeit hatte er der katholischen Zentrumspartei angehört. Im Gegensatz zu dieser positionierte sich die CDU als konfessionsübergreifende christliche Partei. Sie sah sich auch nicht als Vertretung einer bestimmten sozialen Schicht, sondern als Volkspartei, die alle Bevölkerungsschichten ansprach. In den beiden ersten Wahlperioden seiner Amtszeit, von 1949 bis 1957, führte Adenauer jeweils Koalitionsregierungen aus den bürgerlichen Parteien CDU/CSU, FDP und DP (Deutsche Partei) an. Von 1953 bis 1955 war auch noch der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten an der Regierung beteiligt. Von 1957 bis 1961 regierte eine Koalition aus CDU/CSU und DP. Die kleineren Parteien gingen letztlich in der CDU auf oder wurden bedeutungslos.
Vergangenheitspolitik
Im Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit verfolgte Adenauer eine Politik, die man positiv als soziale Wiedereingliederung oder kritisch als Mangel an Vergangenheitsbewältigung betrachten kann. Die von den Alliierten angestoßene Entnazifizierung wurde als „Siegerjustiz“ abgestempelt und schnell für beendet erklärt. Viele Täter und Mitläufer des Nationalsozialismus wurden durch die Straffreiheitsgesetze von 1949 und 1954 begnadigt. Diese Amnestiepolitik ermöglichte zwar einerseits das reibungslose Funktionieren von Staat und Berufsbeamtentum, führte aber andererseits dazu, dass gerade im Bereich der Justiz viele ehemalige NS-Richter im Amt blieben.
Das Ende der Ära Adenauer
Ab 1959 erschütterten verschiedene Krisen und politische Niederlagen Adenauers Regierung und schwächten seine politische Position. Mehr und mehr wurden sein autoritärer Stil und sein oft rücksichtsloses Vorgehen kritisiert. In der Präsidentschaftskrise von 1959 erklärte Adenauer zunächst seine Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten, zog diese dann aber wieder zurück und hielt am Kanzleramt fest. 1961 scheiterte sein Plan der Einführung eines staatlichen Rundfunksenders am Rundfunk-Urteil des Bundesverfassungsgesetzes. Ebenfalls 1961 wurde die Berliner Mauer errichtet und die deutsche Teilung schien endgültig unüberwindbar. Die Spiegel-Affäre von 1962 trug ebenfalls dazu bei, Adenauer innenpolitisch zu schwächen. 1963 musste er schließlich seinen Rücktritt erklären. Sein Nachfolger als Bundeskanzler wurde Ludwig Erhard.
Die Ära Adenauer – Zusammenfassung
- Der CDU-Politiker Konrad Adenauer war von 1949 bis 1963 der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Man nennt diese Zeit darum auch die „Ära Adenauer“.
- In der Außenpolitik vertrat Adenauer nach der Wiederherstellung der staatlichen Souveränität das Prinzip der strengen Westbindung. Die Bundesrepublik trat der NATO und der EWG bei.
- Gegenüber der Sowjetunion und dem Ostblock betonte er den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik.
- Innenpolitisch trug Adenauer zur Etablierung der „Kanzlerdemokratie“ mit einer starken Rolle des Regierungschefs bei. Die soziale Marktwirtschaft ermöglichte den Wiederaufbau der Bundesrepublik und den wirtschaftlichen Aufschwung der 1950er-Jahre.
- Kritisch zu sehen sind Adenauers autoritäre Tendenzen sowie sein Umgang mit der NS-Vergangenheit. Zwar setzte er sich für die Aussöhnung mit Israel ein, aber durch seine Amnestiepolitik blieben viele Täter aus der NS-Zeit im Amt.
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