Spracherwerb
Auf der Erde gibt es über 7.000 verschiedene Sprachen. Doch woher kommen all diese Sprachen? Und wie lernt man eine Sprache?
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Ursprung von Sprache
Hast du dich auch schon einmal gefragt, woher eigentlich die Sprache kommt und warum Menschen überhaupt angefangen haben zu sprechen? Darauf gibt es leider bis heute keine eindeutigen Antworten. Die Entstehung von Sprache bleibt nach wie vor ein Rätsel, obwohl es zahlreiche Theorien dazu gibt, die aber über das rein Spekulative nicht hinausgehen. Viele Wissenschaftlicher, u. a. der deutsche Dichter Johann Gottfried Herder, gingen von einer evolutionären Entwicklung der Sprache aus, basierend auf Lautnachahmung, Gefühlsäußerungen und der Notwendigkeit sozialer Interaktion. Sicherlich kennst du du auch die biblische Geschichte über den Turmbau zu Babel: Gott führte verschiedene Sprachen ein, um die Menschen für ihren Hochmut zu bestrafen. Trotz aller Mythen und Mutmaßungen steht fest: Sprache entstand ungefähr vor 300.000 bis 20.000 Jahren aufgrund veränderter physiologischer und kultureller Bedingungen.
Individueller Spracherwerb
Im Gegensatz zur Sprachentstehung ist der Spracherwerb des einzelnen Menschen recht gut erforscht. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie man überhaupt eine Sprache lernt. Doch dazu musst du wissen: Sprache ist nicht gleich Sprache. Man unterscheidet folgende Kategorien:
Muttersprache bzw. Erstsprache: Diese erlernt ein Mensch von Geburt an auf natürliche Weise und ungesteuert. Es ist die Sprache, die das Kind ständig umgibt. Deswegen kannst du sie wie die Zweitsprache auch Umgebungssprache nennen.
Zweitsprache: So bezeichnest du eine Sprache, die ein Mensch neben seiner Muttersprache sprechen kann. Die Fähigkeiten in der Zweitsprache erlernt man ähnlich wie die der Erstsprache: ungesteuert, also im alltäglichen Austausch mit anderen.
Fremdsprache. Diese erlernt ein Mensch in einem gesteuerten Umfeld, z. B. im formalen Fremdsprachenunterricht in der Schule.
Sowohl für die Erst- als auch die Zweitsprache gilt: Sie wird in Phasen erlernt, die universell gelten und nicht vertauschbar sind, aber unterschiedlich lang dauern können. Bis zum vierten Lebensjahr verfügt jedes Kind fast über die gesamte Grammatik einer Sprache, auch wenn es noch bis zur Pubertät und teilweise darüber hinaus dauert, bis die Sprache gänzlich ausgereift ist.
Um dir den Unterschied zwischen Erst-, Zweit- und Fremdsprache noch einmal deutlich zu machen, stell dir folgendes Beispiel vor: John, der in Deutschland lebt, hat eine deutsche Mutter und einen amerikanischen Vater. Johns Muttersprache ist Deutsch. Da in der Familie wegen des Vaters aber auch Englisch gesprochen wird, ist die Zweitsprache von John Englisch. Johns Freund Daniel hat Eltern, die beide nur Deutsch sprechen. Deswegen ist seine Muttersprache ebenfalls Deutsch. In der Schule lernt er aber auch Englisch, deswegen kann er sich mit John auch auf Englisch unterhalten. Für Daniel ist Englisch aber eine Fremdsprache, da in seiner Familie kein Englisch gesprochen wird.
Die Fähigkeit mehrere Sprachen (fließend) zu sprechen (wie z. B. John) wird auch als Bilingualismus (Zweisprachigkeit) bzw. Multilingualismus (Mehrsprachigkeit: mind. 3 Sprachen) bezeichnet. Früher wurde Mehrsprachigkeit als Nachteil erachtet. Doch heute ist man sich sicher: Bi- oder Multilingualismus ist eine Bereicherung für den Menschen, denn er kann besser mit anderen kommunizieren, verfügt über ein größeres Vokabular und über komplexere grammatikalischere Denkstrukturen.
Eine wichtige Rolle beim Spracherwerb und bei der Sprachproduktion wird auf biologischer Ebene dem Sprachzentrum im Gehirn beigemessen. In diesem Zusammenhang wird deutlich, wie sehr Denken und Sprache voneinander abhängig sind. Doch aufpassen: Denken ist nicht das Gleiche wie Sprache, und Sprache ist nicht das Gleiche wie Denken! Sprache hat vielmehr eine Mittlerfunktion zwischen den Denkprozessen im Gehirn und der Umwelt.
Sprache als Mittel der Verständigung
Ein wichtiger Aspekt ist die Kommunikation mit der Umwelt. Mithilfe des Zeichensystems der Sprache kannst du Kontakt zu anderen Menschen überhaupt erst aufbauen. Sprache sorgt für einen Austausch von Gedanken, Wünschen und Gefühlen. Sprache ist also die Grundlage für alle sozialen Beziehungen, die wir haben. Die Kommunikation kann dabei sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Die Schriftsprache ist eine kulturelle Errungenschaft, die dafür sorgt, dass Wissen auch über lange Zeit gespeichert werden kann.
Doch Lesen und Schreiben ist keine Selbstverständlichkeit, auch nicht in den Industrieländern! Kannst du dir vorstellen, dass es in Deutschland über 7,5 Millionen Analphabeten gibt? Sie können vielleicht einzelne Buchstaben oder Wörter entziffern und schreiben. Allerdings werden sie wegen fehlender Lese- und Schreibfertigkeiten von wesentlichen Bereichen der Gesellschaft ausgeschlossen. Die Einschränkungen im Alltag sind enorm: Ein Analphabet kann sich zum Beispiel nicht an Straßennamen orientieren oder einen Beipackzettel lesen. Dafür entwickeln Betroffene oft verschiedene Strategien und Ausreden („Kannst du das vorlesen? Ich habe meine Brille vergessen.“) Diese Menschen haben auch oft mit Vorurteilen zu kämpfen, denn warum kann denn jemand in Deutschland nicht richtig lesen und schreiben? Dafür gibt es jedoch zahlreiche Ursachen, die z. B. in der Familie oder der Schule zu suchen sind. Eines ist jedoch klar: Analphabeten sind nicht dumm! Hast du das Gefühl, jemand in deinem Umfeld könnte betroffen sein, biete deine Hilfe und Unterstützung an! Es ist nie zu spät, Lesen und Schreiben zu lernen.
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