Das Erlernen der Muttersprache
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Grundlagen zum Thema Das Erlernen der Muttersprache
Wie lernen wir unsere Muttersprache? Es scheint sehr einfach zu sein, zumindest bis zu einem gewissen Alter, denn jedes Kind kann, solange es Kontakt mit anderen Sprechern hat, ohne Lehrer und Unterricht innerhalb von ein paar Jahren seine Sprache sprechen. Wie das abläuft und was dabei passiert, das beleuchten wir in diesem Video.
Transkript Das Erlernen der Muttersprache
Hi, ich bin’s, Tim. Ein Gebrabbel, Gebabbel, Sabbern, Schlabbern und Plappern ist das, was jeder von uns einmal durchgemacht hat. Ich gebe dir in diesem Video einen kurzen Überblick darüber, wie wir von Kindesbeinen an unsere Muttersprache erlernen. Spracherwerb ist im Allgemeinen der Prozess, in dem Kleinkinder eine oder sogar mehrere Sprachen erlernen. Dieser Prozess ist nur möglich, wenn das Kind einen Gesprächspartner hat, also im Austausch mit anderen steht. Wir konzentrieren uns hier auf die Erstsprache, also die Muttersprache. Es gibt allerdings auch den Erwerb einer Zweitsprache und einer Fremdsprache. Genau wie die Zweitsprache und im Unterschied zur Fremdsprache erwirbt das Kind die Erstsprache ungesteuert statt gesteuert. Es erhält also keinen formalen Unterricht wie in der Schule, sondern lernt die Muttersprache auf natürliche Weise.
Der Erwerb beginnt dabei gleich nach der Geburt. Das Kind eignet sich die Sprache an, die es umgibt: Wenn meine Eltern Deutsch sprechen, werde auch ich ein Deutschsprecher. Bei zweisprachig aufwachsenden Kindern gibt es also z.B. zwei Umgebungssprachen, die das Kind gleichzeitig lernt.
Du und ich, wir alle lernen Sprachen nach demselben Muster. Diese Phasen sind bei jedem Kind auf der Welt gleich. Manche Kinder sind allerdings Schnellstarter, andere lassen sich Zeit: Die einzelnen Phasen finden also in der gleichen Reihenfolge statt, können aber individuell lang dauern.
In den ersten Wochen nach der Geburt werden wir das Kind schreien hören. Das ist die Zeichenwelt des Kindes, um seinen Eltern Gefühlszustände mitzuteilen. In den nachfolgenden sechs Monaten kann das Kind höchstens babbeln, d.h. es kombiniert erste Vokale und Konsonanten, die es bisher gelernt hat nachzuahmen. Während der ersten ein- bis eineinhalb Jahren lernt es eine geringe Anzahl an einfachen Wörtern und kann bereits Sätze bilden. Diese Sätze bestehen allerdings nur aus einem Wort, sogenannten Holophrasen. Der Ausruf “Mama” kann dann sowohl heißen, dass das Kind seine Mama will, als auch, dass irgendein bezeichnetes Objekt Mama gehört, oder auch etwas gänzlich anderes. Bis zum zweiten Lebensjahr lernt das Kind, Sätze mit zwei Wörtern zu bilden, in denen es häufig bereits Plurale anwenden und isolierte Wörter nebeneinander reihen kann, z.B.: “Da Wauwau”. Von da an bis zum etwa vierten Lebensjahr wird das Kind nach und nach lernen, immer mehr Wörter im Satz zu verbinden, Verben zu konjugieren, Nomen zu deklinieren, und zum Beispiel Nebensätze zu konstruieren.
Dieser Spracherwerb geht bis zur Pubertät. Danach erlernen wir maximal noch Fremdwörter und Fachtermini, erweitern also unseren Wortschatz und verfeinern unsere Sprachfähigkeiten.
Diese Phasen finden sich in genau dieser Reihenfolge bei allen Kindern wieder. Wie genau lernen Kinder aber ihre Muttersprache? Dazu gibt es in der Wissenschaft drei verschiedene Ansätze.
Der erste stammt vom Linguisten Noam Chomsky. Man nennt diesen Ansatz das nativistische Modell, da es davon ausgeht, dass manche Strukturen der Grammatik bei allen Kindern angeboren, also universell, sind. Chomsky nannte dieses Modell das “Language Aquisition Device”, übersetzt das “Spracherwerbs-Instrument”, das wie eine Universalgrammatik funktioniert. Dieses Instrument beinhaltet 1. das abstrakte Wissen von der Verbindung und Veränderung von Wörtern.
sagt es aus, dass jedes Kind zwischen Sprachlauten und anderen Geräuschen und zwischen Kategorien von Wörtern wie z.B. Substantiven, Verben oder auch Zahlwörtern unterscheiden kann.
ist dieser Theorie zufolge dem Kind von Geburt an die Fähigkeit mitgegeben, Hypothesen zu bilden. Wenn das Kind z.B. Englisch lernt, leitet es aus häufig gehörten Wörtern ab, dass für die Pluralbildung ein -s am Ende benötigt wird. Dieses End-s kann es dann auch auf Wörter anwenden, die es vorher nicht im Plural gehört hat.
Zu guter letzt hat das Kind 4. die Fähigkeit, diese Hypothesen zu bewerten. Das bedeutet, dass das Kind zwischen verschiedenen anwendbaren Regeln die richtige auswählen kann. Im Deutschen gibt es z.B. mehrere Möglichkeiten, den Plural zu bilden. Bei Wörtern, die auf -keit oder -heit enden, setzen wir für den Plural ein -en ans Ende und machen so z.B. die Einheit zu Einheiten. Wörter wie der Tisch, der Teppich oder der Stift verlangen hingegen ein angehängtes -e.
Ein zweiter Ansatz stammt von Piaget. Dieser stellte ein kognitivistisches Modell vor, das auf unsere Denkstrukturen anspielt, und besagt, dass sich unsere kognitiven, also denkerischen, und sprachlichen Fähigkeiten parallel entwickeln und gegenseitig beeinflussen: je besser ich spreche, desto umfassender kann ich denken, und umgekehrt. Anders gesagt begreifen wir unsere Welt also nur soweit, wie wir sie sprachlich fassen können. Ein drittes wichtiges Modell stammt von Wygotski und kommt aus der Interaktionstheorie. Dieser Ansatz versucht zu zeigen, dass wir unsere Sprache immer an unseren Interaktionspartnern ausrichten. Wir können also immer nur so gut sprechen, wie wir imstande sind, Vorbilder - wie unsere Eltern - sprachlich nachzuahmen. Wie erwerben wir also unsere Muttersprache? Fassen wir kurz zusammen: 1. Wir erwerben unsere Muttersprache ungesteuert und im Austausch mit anderen. Wir erwerben dabei diese Umgebungssprache von Geburt an. 2. ist der Spracherwerb in Phasen unterteilt, die universell und nicht vertauschbar sind, aber unterschiedlich lang dauern können. Von der Geburt bis zum circa vierten Lebensjahr lernt dabei jedes Kind fast die gesamte Grammatik einer Sprache, auch wenn es noch bis zur Pubertät dauert, bis die Sprache ganz ausgereift ist. 3. gibt es drei unterschiedliche Ansätze, wie wir die Sprache dabei lernen. Chomsky sagte mit seinem nativistischen Modell,dass jedes Kind angeborenen Regeln folge, die es auf die zu lernenden Wörter anwenden müsse. Dafür entwickelte er das Language-Aquisition-Device. Piaget behauptete hingegen mit seinem kognitivistischen Modell, dass sich Denken und Sprache parallel entwickeln und fördern. Zuletzt schenkte Wygotski mit seinem Interaktionsmodell eher dem Umstand Beachtung, dass es vor allem darauf ankomme, mit wem das Kind spreche. Mama und Papa sind unsere sprachlichen Vorbilder. Aus dem Plappern entwickeln sich häufig Dichter und Denker. Weißt du, wie? Mir bleibt das ein Rätsel.
Ciao und bis bald!
Das Erlernen der Muttersprache Übung
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Gib einige Charakteristika zum Erwerb der Muttersprache wieder.
TippsDenke an deine eigene Muttersprache und vergleiche dich mit einem Freund oder einer Freundin, die bilingual aufgewachsen sind. Welche Unterschiede erkennst du?
Hast du deine Muttersprache genauso gelernt wie eine Fremdsprache?
LösungDer Erwerb der Muttersprache ist ein jahrelanger Prozess, der ohne jeglichen Unterricht und nur durch Imitation stattfindet. Das Kind fängt gleich nach der Geburt an, die Sprache zu lernen, die es umgibt: Bei zweisprachigen/bilingualen Kindern sind das zwei Sprachen.
Die Länge und der Zeitpunkt der einzelnen Phasen des Spracherwerbs sind zwar individuell verschieden, die Reihenfolge aber immer gleich. Keiner kann eine Phase überspringen, keine Phase wird ausgelassen, denn jede Phase baut auf der vorherigen auf.
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Ordne den Phasen die wichtigsten Veränderungen der Sprache zu.
TippsDie Phasen des Spracherwerbs bauen aufeinander auf. Du lernst zuerst Laute, dann Silben, Wörter, Sätze etc.
Beim Deklinieren werden Substantive, Pronomen, Adjektive und Artikel in ihrer Form an Kasus, Numerus und Genus angepasst.
LösungWir können sechs bis sieben grobe Phasen des Spracherwerbs unterteilen.
- In den ersten Wochen und Monaten schreit das Kind, um seine Gefühle auszudrücken.
- Bis zu 6 Monate braucht das Kind, um babbeln und brabbeln zu lernen. Es imitiert und kombiniert Vokale und Konsonanten.
- In den ersten 12 bis 18 Monaten erlernt das Kind Sätze aus nur einem Wort, z. B. Mama!. Diese nennt man auch Holophrasen.
- In den ersten 24 Monaten schreitet das Kind soweit voran, dass es Sätze mit zwei Wörtern sowie Plurale bilden kann. Außerdem verwendet es isolierte, also für sich stehende Wörter, die mit den anderen Wörtern unverbunden sind wie Da Wauwau!.
- Innerhalb der ersten 48 Monaten verwendet das Kind immer mehr Wörter im Satz, lernt die Wörter anzugleichen, indem es konjugiert und dekliniert und erhöht die Komplexität, indem es Nebensätze konstruiert und damit die Sätze länger macht.
- Bis zur Pubertät baut das Kind diese grammatikalischen Fähigkeiten im Detail aus.
- Danach vergrößert es nur noch seinen Wortschatz und verfeinert die situationsangemessene Anwendung seiner Sprache.
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Erkläre die verschiedenen Sprachmodelle und was sie zeigen wollen.
TippsDenke an die Namen der Modelle. Welchen Fokus haben sie? Welche Begriffe werden mit ihrer Theorie verbunden?
LösungWir kennen drei Ansätze, um den Spracherwerb zu erklären. Jeder Ansatz hat dabei seinen eigenen Fokus.
- Das kognitivistische Modell zeigt, dass sich unsere Gehirnstrukturen und unsere Sprachfähigkeiten zu bestimmten Lebensaltern gleich schnell verändern. Gemeint ist, dass die physiologische Veränderung unseres Gehirns auch unsere Fähigkeiten zur Sprache verändert. Gleichzeitig machen wir Gegenstände durch Sprache greifbar, wir können sie in Verbindung bringen, vergleichen und in uns Bilder damit erstehen lassen. Sprache und Denken beeinflussen sich gegenseitig.
- Das Interaktionsmodell zeigt, dass wir uns beim Erlernen auf Interaktion stützen, d. h. wir müssen Dialoge führen, Fragen und Antworten geben und uns sprachlich mit dem Anderen messen und ihn imitieren. Da unsere Eltern unsere ersten Interaktionspartner sind, orientieren wir uns stark an ihrem Sprachlevel, ihrer Intonation, ihrer Wortwahl, Geschwindigkeit etc.
- Noam Chomsky schließlich entwarf das nativistische Modell. Darin behauptet er, dass allen Menschen eine Art Universalgrammatik angeboren sei. Diese Grammatik enthalte bestimmte vorgefertigte Denkstrukturen, mit denen wir die Sätze unserer Gesprächspartner analysieren, kategorisieren und Regeln aus ihnen ableiten können. Chomsky erklärt also eigentlich, wie man lernen kann, ohne bereits Sprache zu besitzen.
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Leite anhand der Beispiele her, wie alt bzw. in welcher Phase das Kind ungefähr ist.
TippsIn den ersten 12 bis 18 Monaten erlernt das Kind Sätze aus nur einem Wort.
Bis zu 6 Monate braucht das Kind, um babbeln und brabbeln zu lernen.
LösungDie Phasen des Spracherwerbs sind immer in derselben Reihenfolge, aber nicht immer gleich lang. Daher können wir nur ungefähre Altersangaben machen:
- Wenn ein Kind tutu ruft, kann es einzelne Vokale und Konsonanten verbinden, Laute nachahmen und Dinge mit einem Wort benennen und begreifen, also einen Begriff formen. Der Satz besteht aus einer Holophrase, also aus einem Wort. Es ist daher circa 12 bis 18 Monate alt.
- Wenn das Kind sabbernd oder brabbelnd anfängt, undefinierte Geräusche zu machen, ist es circa 6 Monate alt.
- Lange, durch Konjunktionen und Verben verbundene Sätze formulieren zu können, spricht dafür, dass Tobi ungefähr vier Jahre alt ist. Er fühlt sich zwar noch unsicher beim Sprechen, kann aber die Form von Wörtern in Person, Genus und Numerus verändern, also konjugieren und deklinieren.
- Ich Dobi ist ein Zwei-Wort-Satz. Die Wörter stehen isoliert und ohne Verb verbunden, der Satz ist wenig komplex und Tobi hat Schwierigkeiten in der Aussprache. Das Kind ist demnach circa 24 Monate alt.
- Die Sprache nach der Pubertät zeichnet sich durch einen erweiterten Wortschatz (Fachwörter, Fremdwörter, komplexe Satzstrukturen) aus. Die Sprachfähigkeiten werden verfeinert.
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Bestimme verschiedene Ansätze für den Spracherwerb und ihre Vertreter.
TippsÜbersetze die Namen der Modelle ins Deutsche. Sie deuten bereits daraufhin, worum es in der Theorie geht.
Wenn Sprachstrukturen angeboren sind und der Spracherwerb überall gleich funktioniert, haben auch alle Sprachen gemeinsame Merkmale.
LösungWie wir unsere Muttersprache ohne jeglichen Unterricht erlernen können, dazu gibt es drei große Theorieströmungen:
- Noam Chomsky erklärte mit seinem nativistischen Modell, dass einige Grammatikstrukturen (wie z. B. das Begreifen von Zahlen) bei jedem Menschen gleich seien und daher universell. Damit begründete er seine Universalgrammatik und das language aquisition device.
- Jean Piaget beschrieb sein kognitivistisches Modell. Kognitivistisch bezieht sich auf das Denken. Er beschrieb also, wie sich die Entwicklung des Denkens und die Herausbildung der Sprache gegenseitig beeinflussen.
- Lew Wygotski ist ein Vertreter des Interaktionsmodells. Darin wird erklärt, dass der Mensch zum Erlernen immer einen Gesprächspartner braucht, den er zum Vorbild nimmt und den er imitiert. Die Sprachfähigkeiten des Anderen werden damit zur Messlatte der eigenen.
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Bestimme die vier allgemeinen Fähigkeiten, die nach der Universalgrammatik jedem Menschen zur Verfügung stehen.
TippsLese dir die Sätze genau durch und achte darauf, wie spezifisch die beschriebene Fähigkeit ist. Kann man allgemeine Regeln ableiten oder schon nach bestimmten Fällen unterscheiden? Sieht man nur, dass sich die Wörter verändern oder sieht man auch, wann sie sich verändern?
LösungDas Language Aquisition Device von Noam Chomsky, das Teil seiner Theorie der Universalgrammatik ist und den Erwerb von Sprache erklären will, beinhaltet grob gesagt vier allgemeine Fähigkeiten, die angeboren und zum Erwerb der Muttersprache unerlässlich sind:
- Das abstrakte Wissen, dass man Wörter verändern und verbinden kann, dass manche Wörter wie eins und Einheit ähnlich klingen und miteinander zu tun haben müssen, aber doch verschieden sind.
- Die Fähigkeit, sprachliche Laute aus anderen Lauten herauszufiltern. Ein Husten im gesprochenen Satz wird nicht als Sprache registriert. Außerdem kann das Kind zwischen verschiedenen Wortarten wie Verben, Substantiven etc unterscheiden. Da sie häufig am selben Ort im Satz stehen, kristallisieren sich die aufgrund paralleler grammatischer Strukturen ähnlichen Wortarten heraus.
- Die Fähigkeit, Hypothesen zu bilden, also allgemeine grammatikalische Regeln wie die Verwendung des Infinitivs im Deutschen bei der 1. Person Plural.
- Die Fähigkeit, bei denselben Wortarten verschiedene Hypothesen richtig zu bewerten und anzuwenden. Die verschiedenen Infinitvarten im Deuschen auf -en, -eln oder -ern verlangen einen unterschiedlichen Umgang mit der Bildung der 1. Person Plural.
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Das ist Toll
Ich wüsste gerne, wie genau Kinder eigentlich ohne Lehrer eine Sprache erlernen. "Im Austausch mit anderen" ist schon mal ein wichtiger Hinweis, aber wie kann das im Detail ablaufen?
Gut👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼
gut
könnte interessanter aufgebaut werden