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„Der gute Mensch von Sezuan“ – Entstehungsgeschichte (Brecht)

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„Der gute Mensch von Sezuan“ – Entstehungsgeschichte (Brecht)
lernst du in der 11. Klasse - 12. Klasse - 13. Klasse

Grundlagen zum Thema „Der gute Mensch von Sezuan“ – Entstehungsgeschichte (Brecht)

Brecht verwendet in seinem Stück „Der gute Mensch von Sezuan" Motive, Gedanken und Ideen aus der chinesischen Philosophie und aus dem Werk Ovids. Das Stück entsteht zwischen 1927 und 1941. Die Uraufführung findet 1943 in Zürich statt. Dies und was du noch alles über die Entstehungsgeschichte des Dramas wissen solltest, erfährst du in diesem Video. Viel Spaß!

Transkript „Der gute Mensch von Sezuan“ – Entstehungsgeschichte (Brecht)

Beginn der Arbeit und Quellen

Die Arbeit Bertolt Brechts am Stück "Der gute Mensch von Sezuan" beginnt bereits in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Wesentliche Teile entstehen in den Jahren nach 1939, im Exil auf der Flucht vor den Nationalsozialisten.

Wie so oft in seinem Werk verwendet Brecht auch hier Themen, Motive und Gedanken unterschiedlichen literarischen Ursprungs. Was der Autor aus der Literaturgeschichte aufgreift, dient seiner politisch-ökonomischen Wirkungsabsicht. Die wichtigste Quelle ist die Geschichte von Philemon und Baucis aus Ovids antiken "Metamorphosen".

Philemon und Baucis sind die Einzigen, die die Wanderer Hermes und Zeus bei sich aufnehmen. Sie erhalten dafür einen Lohn: Bei einer Sintflut bleibt ihre Hütte verschont und wird in einen Tempel verwandelt.

Durch die Verwendung dieser Quelle ergibt sich eine Verwandtschaft des Textes mit Goethes "Faust. Zweiter Teil". Auch Goethe bezieht sich auf die Geschichte um Philemon und Baucis.

Ferner finden sich Ideen aus der chinesischen Philosophie in diesem Werk Brechts.

"Fanny Kress" oder "Der Huren einziger Freund"

In den Jahren 1927 und 1928 plant Brecht den Entwurf zu "Fanny Kress" oder "Der Huren einziger Freund". Dieser Plan enthält bereits das Motiv der Verkleidung der Prostituierten in einen Tabakhändler, um anderen Prostituierten zu helfen.

Die Prostituierte ist für Brecht der Inbegriff der kapitalistischen Entfremdung, denn sie verkauft nicht nur ihre Arbeit, sondern auch ihren Körper und ihre Liebesfähigkeit. Die Liebesfähigkeit sollte eigentlich der Selbstverwirklichung und dem persönlichen Glück dienen, im Kapitalismus wird sie zur käuflichen Ware.

Von "Die Ware Liebe" zu "Der gute Mensch von Sezuan"

1930 entwirft Brecht Kurzstücke. Eines davon trägt den Arbeitstitel "Die Ware Liebe". Brecht plant zwei Fassungen des Textes; einen mit gutem Ende, einen mit schlechtem Ende. Diese Fabel hat bereits eine wirtschaftliche Thematik. Die Verkleidung bezweckt hier das Verbergen von ausbeuterischem Verhalten. Auch der grundsätzliche Zwiespalt zugleich Ware und Verkäufer zu sein, steht bereits fest.

Von März bis September 1939 im dänischen Exil beginnt Brecht unter Verwendung der Notizen zu "Die Ware Liebe" das Stück "Der gute Mensch von Sezuan". Der Titel steht nun bereits fest.

Im Mai und August 1940 verändert Brecht das Stück noch einmal grundlegend. Er ist inzwischen von Dänemark nach Finnland geflohen. Im Januar 1941 gibt Brecht dem Stück seine endgültige Gestalt und fügt die Lieder ein.

Am 04. Februar 1943 findet unter der Regie von Leonard Steckel die Weltpremiere des Stücks in Zürich statt.

Schlussbetrachtung: Zurück zu den Quellen

Wie in Ovids “Metamorphosen”, wo Philemon und Baucis als Einzige die Wanderer Hermes und Zeus bei sich aufnehmen und von denen zum Dank von einer Sintflut verschont werden, findet sich dieses Motiv bereits in der Bibel:

Jahwe (also Gott) besucht Abraham und Lot, um zu sehen, ob die Klagen der Einwohner der Städte Sodom und Gomorrha berechtigt sind. Abraham setzt sich Gott gegenüber dafür ein, dass nicht die Gerechten wegen der ungerechten Gottlosen vernichtet werden. So kann er die Zerstörung der Städte verhindern.

Faust will in Goethes Stück unbedingt die Hütte zweier alter Leute erwerben. Grund dafür ist Aussicht auf seinen Besitz. In ähnlicher Weise schädigt Shen Te in Brechts Stück das Ehepaar, das ihr Geld geliehen hat.

Mithilfe dieser Quellen repräsentierte Brecht seine Kritik an der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, in der sich alles um Geld drehe und die Menschen deformiere.

„Der gute Mensch von Sezuan“ – Entstehungsgeschichte (Brecht) Übung

Du möchtest dein gelerntes Wissen anwenden? Mit den Aufgaben zum Video „Der gute Mensch von Sezuan“ – Entstehungsgeschichte (Brecht) kannst du es wiederholen und üben.
  • Beschreibe die Entstehung des Stücks zwischen den Jahren 1939 und 1943.

    Tipps

    Um die Premiere aufzuführen muss das Stück erst fertiggestellt werden. Hilft dir das weiter?

    Lösung

    Die Fertigstellung des Stücks erfolgte zwischen den Jahren 1939 und 1943.

    1. Nachdem er im Mai 1939 nach Schweden geflohen war, musste Bertolt Brecht wegen Kriegsgefahr nach Dänemark fliehen.
    2. Dort nutzte er die Notizen zu „Die Ware Liebe”, die er vorher erstellt hatte, für „Der gute Mensch von Sezuan”.
    3. Nachdem die deutschen Truppen nach Dänemark eingefallen waren, musste Brecht nach Finnland fliehen.
    4. Dort veränderte er „Der gute Mensch von Sezuan” noch einmal grundlegend. In „Die Ware Liebe” hätte es ein gutes oder ein schlechtes Ende geben können. „Der gute Mensch von Sezuan” hat ein offenes Ende.
    5. Danach gab er dem Stück seine endgültige Gestalt und fügte Lieder ein. Diese Lieder sind Teil des Verfremdungseffekts, den Brecht für das epische Theater maßgeblich hielt.
    6. Letztendlich hatte das Stück seine Weltpremiere in Zürich. In Deutschland konnte das Stück zu der Zeit noch nicht aufgeführt werden, da Brecht im Nationalsozialismus nicht gern gesehen war.
  • Fasse kurz das Motiv der Prostituierten zusammen.

    Tipps

    Wenn jemand kein Geld für seine Arbeit erhält, ist er/sie ein/-e Sklav/-in. Hilft dir das weiter?

    Lösung

    1927 und 1928 plant Brecht bereits einen ersten Entwurf mit dem Motiv der Prostituierten. Das war einige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg und noch vor dem Zweiten Weltkrieg. Er lebte zu der Zeit in Berlin.

    • Für Brecht ist die Prostituierte der Inbegriff der kapitalistischen Entfremdung. Entfremdung ist hierbei ein marxistisch geprägter Begriff mit Bezug auf die fehlende Möglichkeit, sich mit Arbeit selbst zu verwirklichen. Damit gehe eine Entfremdung der eigenen Arbeitskraft einher. Dieses Problem sei für Prostituierte am größten.
    • Sie verkaufe ihren Körper und ihre Liebesfähigkeit. Der Unterschied zur Liebe ist, dass sie nicht ihre wirkliche Liebe verkaufe, sondern mit ihrem Beruf - so Brecht - unfähig würde zu lieben.
    • Auch die Liebe sollte, wie die Arbeit, der Selbstverwirklichung und zusätzlich dem persönlichen Glück dienen. Dies würde der Prostituierten verwehrt.
    • Im Kapitalismus wird sie zur käuflichen Ware. Außerdem wird die Frau zum Objekt gemacht, das der Mann erwerben kann.
    Wie du siehst, hat Bertolt Brecht das Motiv mit Bedacht gewählt, um eine starke Botschaft zu verpacken. Für ihn war dieses Motiv das stärkste für die Kapitalismuskritik.

  • Vergleiche den Mythos aus Ovids „Metamorphosen” mit Brechts „Der gute Mensch von Sezuan”.

    Tipps

    Überlege noch einmal, was Brechts politsch-ökonomische Wirkungsabsicht war.

    Lösung

    Der Vergleich kann auf unterschiedlichen Ebenen gemacht werden. Alternativ könnte man auch das alte Ehepaar in „Der gute Mensch von Sezuan” mit dem alten Ehepaar in Ovids Sage vergleichen. Allerdings ist es hier die Hauptfigur Shen Te, die zum guten Handeln angehalten wird. Sie schädigt zwar das Ehepaar, allerdings geschieht das mit Hilfe des Geldes, das ihr die Götter gegeben haben.

    1. Die Idee, dass die Götter die Menschen auf die Probe stellen, war keine neue, als Brecht „Der gute Mensch von Sezuan” schrieb. Ein ähnliches Motiv findet sich in abgewandelter Form z. B. in Goethes „Faust” und auch schon in der Bibel.
    2. Philemon und Baucis sind sich der Anwesenheit der Götter nicht bewusst. Sie sind trotzdem großzügig und geben den Gästen alles, was sie haben.
    3. Shen Te ist sich der Anwesenheit der Götter bewusst, aber sie steckt am Ende in einem Zwiespalt, nicht gut handeln zu können. Deshalb betrügt sie die Menschen als Shui Ta.
    4. Philemon und Baucis werden im Gegensatz zu Shen Te auch erst auf die Probe gestellt und im Anschluss belohnt. Shen Te erhält zu Beginn Geld. Man könnte das als erstes Zeichen der Ausweglosigkeit der kapitalistischen Gesellschaft interpretieren: Ohne Geld, besitzlos und arm kann ein Mensch nicht garantiert gut sein.
    5. Die Idee ist in beiden Erzählungen ähnlich: Der Mensch soll aus sich selbst heraus gut handeln.
    6. Bertolt Brecht hat aber den Kapitalismus miteinbezogen. Somit gibt es ein schlechtes beziehungsweise offenes Ende.
    7. Ovids Sage hat ein gutes Ende.
    Brecht wollte seine politisch-ökonomischen Ansichten in seinem Stück verpacken. Man darf das Stück aber nicht falsch verstehen. Die Parabel sagt nicht aus, dass Menschen von Grund auf schlecht sind, sondern, dass die Menschen im Kapitalismus in schlechten Verhältnissen leben. Da jeder Mensch um sein eigenes Überleben bestrebt ist, kann er in der Gesellschaft nicht gut handeln.

  • Arbeite heraus, wie das Leben im Exil das Schaffen von Schriftsteller/-innen beeinflussen kann.

    Tipps

    Überlege noch einmal, was die Trennung von der Familie für Auswirkungen haben könnte. Manche Menschen leiden deshalb an Depressionen.

    Lösung

    Das Leben und Schreiben im Exil kann eine große Belastung für Schriftsteller/-innen sein.

    Auch Bertolt Brecht lebte große Teile seines Lebens im Exil in verschiedenen Ländern. „Der gute Mensch von Sezuan” stellte er in Dänemark und Finnland fertig.

    Das Leben im Exil hat ökonomische, sprachliche und psychische Auswirkungen. Nicht selten wählten Schriftsteller/-innen im Exil den Suizid, weil sie an Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen litten.

    Auch heute leben noch Schriftsteller/-innen im Exil. Dazu gehört zum Beispiel Herta Müller.

    Das Leben im Exil beeinflusst auch die Literatur. Einerseits ist es schwieriger für Schriftsteller/-innen mit dem Wissen zu leben, dass ihre Literatur im Herkunftsland wahrscheinlich unerwünscht ist oder zensiert wird. Andererseits erhalten sie auch eine Außenperspektive auf ihre Heimat, die sie sonst nicht hätten einnehmen können.

  • Gib wieder, worum es in dem für „Der gute Mensch von Sezuan” relevanten Teil von Ovids „Metamorphosen” geht.

    Tipps

    In „Der gute Mensch von Sezuan” gibt ein Ehepaar seinen Tabakwarenladen an Shen Te ab. Hilft dir das weiter?

    Lösung

    Der antike römische Versdichter Publius Ovidius Naso, auch Ovid genannt, schrieb ca. 3 n. Chr. bis 8 n. Chr. die „Metamorphosen”. Das Werk besteht aus 15 Büchern mit ca. 250 Sagen.

    Eine davon ist die von Philemon und Baucis. Der griechische Gott Zeus (römisch Jupiter) und sein Sohn Hermes (römisch Merkur) suchen Obdach in der Stadt Phrygien.

    Ein armes Ehepaar gewährt den beiden Unterschlupf. Ihre bedingungslose Großzügigkeit belohnen die Götter mit der Verwandlung des Hauses in einen Goldtempel und die Erfüllung des Wunsches, sich nie trennen zu müssen. Sie werden nach ihrem Tode zu Bäumen, die nebeneinander stehen. Der hartherzige Rest der Stadt wird in einen See verwandelt.

  • Prüfe, ob Bertolt Brecht auf Basis von „Der gute Mensch von Sezuan” als gläubig bezeichnet werden kann.

    Tipps

    Karl Marx schrieb 1844 die „Kritik der Religion”. Hilft dir das weiter?

    Welche Rolle spielen die Götter in „Der gute Mensch von Sezuan”?

    Lösung

    • Die Antwort Obwohl Brecht in „Der gute Mensch von Sezuan” Götter als Mittler verwendet, kann er nicht wirklich als gläubig bezeichnet werden. Er stand für rationales Denken und vor allem unterstützte er den Marxismus, der sich von Grund auf gegen Religion aussprach. ist schlüssig, da die Aussagen auf Brecht zutreffen. Karl Marx schrieb 1844 die „Kritik der Religion”. Sich selbst als Marxist identifizierend, wird es Brecht schwergefallen sein, das mit der Religion zu vereinbaren. Als Marxist ist man meist auch Atheist.
    • Bei Die Götter in „Der gute Mensch von Sezuan” sind kritisch zu betrachten und damit auch Brechts Glaube. Letztendlich lösen sie die Probleme der Menschen nicht, was dafür spricht, dass Brecht Götter mit Skepsis betrachtete. wurde die Antwort mit der Rolle der Götter begründet. Sie verschließen am Ende die Augen vor dem Problem der Menschen und bringen keine Lösung. Das stellt die Götter in ein schlechtes Licht und somit kann Brecht kaum als gläubig bezeichnet werden.
    Generell sind Fragen wie diese nicht mit auf jeden Fall oder auf gar keinen Fall zu beantworten, da man nur Vermutungen über den Entstehungshintergrund und Brechts Denkprozess anstellen kann. Fest steht allerdings, dass sich Bertolt Brecht als Atheist betrachtete. Inwiefern das an „Der gute Mensch von Sezuan” zu belegen ist, birgt Spielraum zur Interpretation.

    Vermutlich verwendete er das Motiv mit Einsatz von Göttern, um seine Kritik an der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft auszudrücken. Das Ende lässt Raum zum Nachdenken - und so war jede/-r Zuschauer/-in dazu aufgerufen, sich nicht auf die Götter oder einen Gott zu verlassen, sondern selbst zu handeln.

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