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Expressionismus

Der Expressionismus in der Literatur war eine künstlerische Bewegung zwischen 1905 und 1925, die innere Eindrücke und Gefühle ausdrückte und sich von der Realität abwandte. Entdecke den historischen Hintergrund, die Stilmerkmale und berühmte Vertreter und erfahre mehr über expressionistische Werke! Interessiert? Das und vieles mehr im Text!

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Expressionismus
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Grundlagen zum Thema Expressionismus

Expressionismus in der Literatur

Der Expressionismus bezeichnet eine Epoche und eine Stilrichtung in der Kunst und in der Literatur, die im Zeitraum von etwa 1905 bis 1925 besonders bedeutsam war.

Der Begriff Expressionismus stammt vom lateinischen Wort expressio und bedeutet „Ausdruck“. So bildeten Expressionisten in der Literatur nicht mehr die Wirklichkeit ab, sondern ihre inneren Eindrücke und Gefühle. Damit brachen sie mit dem kühlen und künstlerischen Naturalismus. Sie schufen neuartige Formen und Inhalte und verkündeten eine neue Zeit, einen Aufbruch.

Expressionismus – Epoche

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sahen die Menschen die entstehenden Großstädte eher als Bedrohung. Anonymität, Reizüberflutung, Hektik, Orientierungslosigkeit, Ohnmacht, Entfremdung und Isolation waren damals die Schlagwörter. So wurde beispielsweise die Großstadt zu einem zentralen Motiv des Expressionismus. Die Gesellschaft mit ihren traditionellen Weltbildern stand vor einer Veränderung.

Bedeutung erlangte der literarische Expressionismus, weil sich in ihm die Abkehr vom Traditionellen und die Hinwendung zu den neuen Formen und Themen der Moderne vollzog. Mithilfe der Kunst wollten die Literatinnen und Literaten die Menschen verändern, um eine neue, bessere Welt hervorzubringen.

Expressionismus

Expressionismus – Zeitraum

Die erste Phase des Expressionismus fällt in die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg. Die jungen Dichter dieser Zeit lehnten sich gegen jede Form von Autorität auf. Prägend war in diesem Zusammenhang auch der Konflikt zwischen den Generationen. Insbesondere das wilhelminische Bürgertum (zu dem u. a. auch die Eltern der Künstler gehörten) sollte mithilfe von Kunst schockiert und provoziert werden. Auch die Sinnentleerung des Daseins wurde thematisiert, was mit einer generellen Gesellschaftskritik zum Ausdruck kam.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 war Krieg das vorherrschende Thema in expressionistischen Werken. Die damit verbundenen Erlebnisse und Erfahrungen veranlassten die Dichter, zum Pazifismus und zu neuer Brüderlichkeit aufzurufen. Nur so könne die Welt verändert werden und die Utopie eines „neuen Menschen“ etabliert werden.

Ab 1918, also mit Ende des Krieges, setzte die dritte und letzte Phase des Expressionismus ein. Dominierende Gattung wurde das Drama. Eine wichtige Stellung nahm das Stationendrama (z. B. „Die Wandlung“ von Ernst Toller) ein, denn es eignete sich besonders gut, um traditionelle Dramenformen aufzubrechen.

Der nachfolgende Zeitstrahl gibt dir einen Überblick über moderne Literaturepochen, zu denen auch der Expressionismus zählt. Hier wird der Zeitraum 1910 bis 1920 als Blütezeit des Expressionismus angegeben.

Die deutschen Literaturepochen als Zeitstrahl

Fehleralarm
Es wird oft angenommen, dass der Expressionismus eine rein deutsche Bewegung war. Tatsächlich fand er aber in ganz Europa und darüber hinaus Beachtung und Verbreitung.

Expressionismus – Merkmale

Typische expressionistische Mittel sind:

  • Telegrammstil,
  • Weglassen der Füllwörter, Artikel und Präpositionen,
  • Worthäufungen,
  • Dynamisierung durch Verben,
  • Wortneubildungen, Neologismen (sprachliche Neuprägung) und neue Syntaxformungen,
  • häufiger Gebrauch von Metaphern, Antithesen und Paradoxa,
  • Ironie, Pathos, Subjektivität, Überzeichnung und
  • Personifikationen von Naturgewalten.

Expressionismus – Themen und Motive

Zuerst reagierten die Expressionisten in der Literatur auf die Wirren der Zeit und die Verstädterung (Verstädterungsmotiv), und zeichneten düstere Bilder einer kranken Gesellschaft. Sie nahmen das alltägliche Leben im Rahmen einer konservativ-bürgerlichen Gesellschaft als bedrückend, einengend und banal wahr.

Wichtige Themen und Motive waren unter anderem:

  • die Großstadt und damit verbunden die Angst vor Isolation und Identitätsverlust,
  • Intermedialität, d. h. die Nutzung und Kombination verschiedener Darstellungsformen,
  • mit dem Krieg verbundene Themen wie Selbstmord, Tod, Verfall und Untergang sowie die Angst vor (Kriegs-)maschinen.

Neben dem Krieg spielte die Darstellung des Peinlichen und Hässlichen und des deformierten Menschen eine zentrale Rolle.

Wusstest du schon?
Die literarische Bewegung des Expressionismus wollte radikal und provokant mit der Wertordnung des konservativen Bürgertums brechen. Die meisten jungen Autorinnen und Autoren, die selbst dieser Schicht angehörten, wandten sich gegen Ideale wie Bildung, Familie, Mütterlichkeit, die schon lange nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Sie stemmten sich gegen eine erstarrte Bildung.

Das Motto der Expressionisten war der Aktionismus. Es ging ihnen darum, dass sich etwas änderte. Dabei war es meist gleichgültig, in welchem Sinne sich etwas änderte. Wichtig war stattdessen, dass überhaupt etwas geschah. Die Frühexpressionisten hatten sogar den bevorstehenden Ersten Weltkrieg als Heilmittel gegen eine kranke und banale Welt herbeigesehnt.

Expressionismus – Autoren

Hier sind einige wichtige Vertreterinnen und Vertreter des Expressionismus und ihre Werke aufgeführt:

  • Else Lasker-Schüler (1869–1945): „Weltende“ (1905) und „Ein alter Tibetteppich“ (1910)
  • Jakob van Hoddis (1887–1942): „Weltende“ (1911)
  • Gottfried Benn (1886–1956): Gedichtsammlung „Morgue“ (1912)
  • Georg Trakl (1887–1914): „Grodek“ (1914)
  • Georg Heym (1887–1912): „Der Gott der Stadt“ (1910)
  • Ernst Toller (1893–1939): „Die Wandlung“ (1919)
  • Alfred Döblin (1878–1957): „Berlin Alexanderplatz“ (1929)
  • Heinrich Mann (1871–1950): „Professor Unrat“ (1905) und „Der Untertan“ (1914)
  • Franz Kafka (1883–1924): „Die Verwandlung“ (1915) und „Ein Hungerkünstler“ (1922)

Expressionismus – Beispiele

Im Folgenden findest du Beispiele zum Expressionismus aus der Lyrik, der Epik und dem Stationendrama.

Expressionismus – Lyrik

In der Lyrik lassen sich die Gedanken der Epoche des Ausdrucks besonders gut wiedergeben. Kennzeichnend für die expressionistische Lyrik sind:

  • Wortneuschöpfungen (Neologismen),
  • der Reihungsstil (Aneinanderreihung von zusammenhangslosen Metaphern),
  • die Farbsymbolik,
  • die Dynamisierung durch Verben,
  • Ironie, Pathos und Übertreibung.

Kennst du das?
Vielleicht hast du schon einmal ein Gedicht gelesen, das so seltsam und ungewöhnlich war, dass du es mehrmals lesen musstest, um es zu verstehen. Genau das findest du oft in der expressionistischen Lyrik. Dichterinnen und Dichter dieser Epoche brachen mit traditionellen Formen und nutzten ungewöhnliche Bilder und Sprache, um ihre intensiven Gefühle und Gedanken zu vermitteln. Diese Werke zeigen dir, dass Poesie mehr ist als Reime und Metrik – sie ist ein Ausdruck des tiefsten Inneren.

Repräsentativ ist das Gedicht „Weltende“ von Jakob van Hoddis (1911). Es bringt nicht nur die Verachtung einer Welt der stumpfen Bürgerlichkeit zum Ausdruck, sondern nimmt bereits die Katastrophe des Ersten Weltkrieges vorweg.

Die wohl radikalste Wende gegen die bürgerlichen Geschmacksnormen vollzieht der Lyriker und Mediziner Gottfried Benn. Mit der sprachlich präzisen Thematisierung des Kranken und Abstoßenden schafft er eine Ästhetik des Hässlichen.

Wusstest du schon?
Die Ästhetik des Hässlichen ist ein Begriff, der von dem deutschen Philosophen Karl Rosenkranz im Jahr 1853 eingeführt wurde. Die Idee hierbei ist, dass Hässlichkeit genauso viel ästhetischen Wert haben kann wie Schönheit.

Gottfried Benn (1886–1956) wird häufig mit der Ästhetik des Hässlichen in Verbindung gebracht. Seine Gedichte zeichnen sich durch eine nüchterne, oft schockierende Darstellung des menschlichen Körpers, des Todes, der Vergänglichkeit und anderer düsterer Themen aus. Benns Werk reflektiert eine tiefe Faszination für das Hässliche und Abgründige, die oft mit einer eindringlichen, fast klinischen Sprache dargestellt wird.

Bekannt ist Gottfried Benns Gedichtsammlung „Morgue“ (Leichenschauhaus) von 1912. Ein Auszug aus dem Gedicht „Kleine Aster“ lautet:

[...] Als ich von der Brust aus
unter der Haut
mit einem langen Messer
Zunge und Gaumen herausschnitt,
muss ich sie angestoßen haben, denn sie glitt
in das nebenstehende Gehirn. [...]

Das Beispiel zeigt eindringlich den Kontrast zwischen der als schön empfundenen Blume und der hässlichen und grausamen Umgebung. Formal ist das Gedicht ein Sonett, das in zwei Quartetten und zwei Terzetten strukturiert ist. Diese Struktur, zusammen mit anderen formalen Merkmalen wie dem Einsatz von Enjambements und der prägnanten, bildhaften Sprache, sind charakteristisch für Benns Stil und tragen zur Wirkung des Gedichts bei.

Wusstest du schon?
Das Sonett war eine bevorzugte Gedichtform im Expressionismus, da es sich besonders gut eignete, um einen Kontrast zwischen der starren äußeren Form und dem inhaltlichen Verfall und Untergang darzustellen.

Expressionismus – Epik

Im Bereich der Epik sind unter anderem diese drei wichtigen Vertreter zu nennen:

  • Alfred Döblin wurde durch seinen Roman „Berlin Alexanderplatz“ (1929) weltberühmt.
  • Heinrich Mann verfasste bekannte Romane wie „Professor Unrat“ und „Der Untertan“.
  • Franz Kafka schrieb Erzählungen mit expressionistischem Einschlag.

Dabei stellten die Expressionisten auch emotionale Themen wie Liebe und Wahnsinn dar. Der Irre ist eine Kontrastfigur zum verachteten normalen Bürger, dessen Normen und Werte er zerschlägt und ihn so erlöst. Der Irre verdeutlicht so die leidende und bedrängte Figur des modernen Ichs in einer herzlosen, konservativen, bürgerlichen Welt.

Expressionismus – Stationendrama

Auch im sogenannten Stationendrama konnten expressionistische Schriftstellerinnen und Schriftsteller ihre Ideen wirkungsvoll demonstrieren.

Hier setzt sich die Handlung aus einzelnen, meist unverbundenen Elementen, Stationen und Bildern zusammen. Thema ist in vielen Fällen ein Wandlungsprozess der Protagonistin oder des Protagonisten. In „Die Wandlung“ (1919) von Ernst Toller trägt ein junger Mensch Konflikte mit den Schicksalsgewalten, mit der engstirnigen Gesellschaft und seinem Vater aus. Die Personen werden oft übersteigert und grotesk dargestellt. Dazu kommen der Einsatz von Musik, Tanz und Pantomime, Bühnenbild und Lichteffekte.

Ausblick – das lernst du nach Expressionismus

Die Literatur im 20. Jahrhundert war von vielen Epochen und Strömungen geprägt. Hier kannst du dir beispielsweise die neue Sachlichkeit und die Exilliteratur anschauen.

Zusammenfassung – Expressionismus

  • Der Expressionismus ist eine Literaturepoche der Moderne, die von etwa 1905 bis 1925 andauerte und in drei Phasen unterteilt werden kann.
  • Häufige Themen und Motive sind: Anonymität, Reizüberflutung, Hektik, Orientierungslosigkeit, Ohnmacht, Entfremdung und Isolation, die mit der zunehmenden Verstädterung einhergehen, sowie kriegsbezogene Themen.
  • Zu den Merkmalen und charakteristischen Stilmitteln des Expressionismus zählen unter anderem: der Telegrammstil, Wortneubildungen, Metaphern, Antithesen und Paradoxa.
  • Der Expressionismus drückte sich in allen drei literarischen Großgattungen, also der Lyrik, Epik und Dramatik in Form des Stationendramas, aus.
  • Wichtige Vertreterinnen und Vertreter des Expressionismus waren: Else Lasker-Schüler, Gottfried Benn, Georg Trakl, Alfred Döblin, Heinrich Mann und Franz Kafka.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Expressionismus

Was ist der Expressionismus?
Woher kommt der Begriff Expressionismus?
Was ist Expressionismus in der Literatur?
Was sind die Merkmale des Expressionismus?
Was sind die Motive des Expressionismus?
Wann war der Expressionismus?
Was ist typisch für die Lyrik des Expressionismus?
Wer waren die Hauptvertreter des Expressionismus?
Was drückt der Expressionismus aus?
Warum ist das Sonett typisch für den Expressionismus?
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Transkript Expressionismus

Das ist Berlin heute. Wenn ihr an die deutsche Hauptstadt denkt, denkt ihr sicher an Shoppen, Film, Musik und Theater, vielfältige Möglichkeiten, buntes Treiben, deutsche Geschichte, Party. Am Anfang des 20. Jahrhunderts allerdings sehen die Menschen die entstehenden Großstädte eher als Bedrohung. Anonymität, Reizüberflutung, Hektik, Orientierungslosigkeit, Ohnmacht, Entfremdung und Isolation sind damals die Schlagworte.

Die Angst vor dem Ich-Zerfall

Man hat Angst vor den Maschinen, die die Industrialisierung mit sich bringt, dem Ich-Zerfall, dem Verlust des Individuums in der Umwelt, dem moralischen Chaos und der Abhängigkeit von einer fremden übermächtigen Welt. Die Gesellschaft, die traditionellen Weltbilder stehen vor einer Veränderung. So wird die Großstadt zum Wirkungsraum und Hauptthema der frühexpressionistischen Bewegung.

Themen des Expressionismus

Der Begriff Expressionismus stammt vom lateinischen Wort expressio und bedeutet “Ausdruck”. Kurt Hiller überträgt ihn im Jahr 1911 von der Bildenden Kunst erstmals auf die Literatur. Zu Beginn reagieren die Expressionisten in ihren Texten auf die Wirren der Zeit und zeichnen düstere Bilder einer kranken Gesellschaft. Wichtige Themen sind Selbstmord und Tod sowie Verfall und Untergang. Zudem nehmen sie das alltägliche Leben im Rahmen einer konservativ-bürgerlichen Gesellschaft als bedrückend, einengend und banal wahr.

Repräsentativ ist Jakob van Hoddis Gedicht “Weltende”. Dieses Gedicht bringt nicht nur die Verachtung einer Welt der stumpfen Bürgerlichkeit zum Ausdruck, sondern nimmt bereits die Katastrophe des ersten Weltkrieges vorweg.

Die künstlerisch-literarische Bewegung des Expressionismus will also radikal und provokant mit der Wertorientierung des konservativen Bürgertums brechen. Die meisten jungen Autoren gehören selbst dieser Schicht an, aber wenden sich gegen eine “erstarrte Bildung” - denn es werden Ideale gelehrt, die schon lange nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmen.

Innerlich gesehene Wahrheiten

Die Expressionisten verkünden eine neue Zeit, einen Aufbruch. Die politischen, sozialen und ästhetischen Fesseln der Vergangenheit befreien sie durch neuartige literarische Formen und Inhalte. Als Bruch zum kühlen, unkünstlerischen Naturalismus bilden sie nicht die Wirklichkeit ab, sondern drücken innerlich gesehene Wahrheiten und Erlebnisse aus. In der Lyrik lassen sich die Gedanken der „Epoche des Ausdrucks“ am besten wiedergeben, hier zerstören die Expressionisten die traditionelle Bildungssprache:

Expressionistische Stilmerkmale

Telegrammstil, Weglassen der Füllwörter, Artikel und Präpositionen, Worthäufung, Dynamisierung durch Verben, Wortneubildung und neue Syntaxformung sind typisch expressionistische Stilmerkmale. Ebenso: Ironie, Pathos, Subjektivität und Überzeichnung. Neben Krieg und Großstadt spielt die Darstellung des Peinlichen und Hässlichen und des deformierten Menschen eine Rolle.

Die Ästhetik des Hässlichen

Naturgewalten werden personifiziert. Die wichtigsten expressionistischen Lyriker sind Else Lasker-Schüler, Jakob van Hoddis, Franz Werfel, Alfred Lichtenstein, Johannes R. Becher, Ernst Stadtler, August Stramm sowie Georg Trakl. Die wohl radikalste Wende gegen die bürgerlichen Geschmacksnormen vollzieht Gottfried Benn, Lyriker und Mediziner. Mit der sprachlich präzisen Thematisierung des Kranken und Abstoßenden schafft er eine „Ästhetik des Hässlichen”. Bekannt ist seine Gedichtsammlung “Morgue” - Leichenschauhaus. Eine Zeile aus “Kleine Aster” lautet:

Als ich von der Brust aus unter der Haut mit einem langen Messer Zunge und Gaumen herausschnitt, muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt in das nebenliegende Gehirn.

Das Stationendrama

Auch im sogenannten Stationendrama konnten expressionistische Schriftsteller ihre Ideen wirkungsvoll demonstrieren. Hier setzt sich die Handlung aus einzelnen, meist unverbundenen Elementen, Stationen oder Bildern zusammen. Thema ist ein Wandlungsprozess des Protagonisten, exemplarisch Ernst Tollers Die Wandlung: Ein junger Mensch trägt Konflikte mit den Schicksalsgewalten, mit der engstirnigen Gesellschaft oder seinem Vater aus. Die Personen werden oft übersteigert und grotesk dargestellt und als “Mann”, “Frau”, “Tochter” typisiert, denn es geht nicht um Charakter, sondern um “Seele” und “Psyche”. Dazu kommt der Einsatz von Musik, Tanz, Pantomime, Bühnenbild und Lichteffekten.

Die Epik dagegen fand nur wenig Bedeutung; Alfred Döblin erlangte durch den Roman “Berlin Alexanderplatz” Weltruhm. Heinrich Mann schrieb wichtige Romane wie „Professor Unrat“ sowie „Der Untertan“; nicht zuletzt gelang es Franz Kafka, in leiseren Erzählungen expressionistische Formen zu gestalten.

Das moderne Ich

Dabei stellten die Expressionisten auch emotionale Themen wie Liebe und Wahnsinn dar. Der Irre ist eine Kontrastfigur zum verachteten normalen Bürger, dessen Normen und Werte er zerschlägt und ihn so erlöst. Der Irre verdeutlicht die leidende und bedrängte Figur des modernen Ichs in einer herzlosen, konservativ-bürgerlichen Welt.

Die Frühexpressionisten hatten den Krieg als Heilmittel gegen eine kranke und banale Welt herbeigesehnt. Georg Heym, der Prototyp des expressionistischen Dichters, schrieb Der Krieg.Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges entstehen in Bezug auf das Kriegsmotiv fast ausschließlich Gedichte, die die Fronterfahrungen der Autoren widerspiegeln. Viele sterben, bei den anderen entsteht ein zunehmender Pazifismus.

Der Aktionismus

Hierzu sollte gesagt werden, dass es den Expressionisten meist gleichgültig war, in welchem Sinne sich etwas änderte. Ihr Motto war der Aktionismus: Hauptsache, es geschah überhaupt etwas. So konnten sich ein und dieselben Künstler sich später sowohl für den Nationalsozialismus als auch den Kommunismus engagieren.

Resümee

Der Expressionismus ist also nicht wegen seines weltanschaulichen Anspruchs bedeutsam. Vielmehr interessiert die expressionistische Literatur dieser Zeit, da sich in ihr die Abkehr von traditionellen und die Hinwendung zu den neuen Formen und Themen der Moderne vollzog. Mit Hilfe der Kunst wollten die Literaten und Künstler die Menschen verändern, um eine neue Welt hervorzubringen. Ihre neue Wahrnehmungsweise der Menschheit zeichnet die Epoche aus. Umso schöner ist es, dass heutzutage gerade Großstädte wie Berlin zu Zentren von vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten und Lebensformen geworden sind und der Gesellschaft einen kreativen Gestaltungsraum bieten, oder?

3 Kommentare
  1. Klasse video

    Von Karin Weinandt, vor fast 4 Jahren
  2. das Video ist echt super für meine Schüler die Deutsch als Fremdsprache seit vier Jahren lernen
    vielen dank
    maria vittoria puliafito
    Deutschlehrerin beim Gymnasium Impallomeni Milazzo (Messina) Sizilien Italien

    Von Maria Vittoria P., vor fast 7 Jahren
  3. Das Video ist sehr gelungen! Eine Textversion des Videos wäre zudem sehr hilfreich

    Von Tina M., vor mehr als 10 Jahren

Expressionismus Übung

Du möchtest dein gelerntes Wissen anwenden? Mit den Aufgaben zum Video Expressionismus kannst du es wiederholen und üben.
  • Nenne die Hauptthemen der expressionistischen Lyrik.

    Tipps

    Lies dir zunächst jeweils den kompletten Abschnitt durch. Das erleichtert dir das Füllen der Lücken.

    Lösung

    Die drei Hauptthemen der expressionistischen Lyrik sind Großstadt, Krieg und das Hässliche:

    1. Die Großstadt wird hauptsächlich kritisiert, da sie den Menschen bedrohlich erscheint. Es werden Probleme wie Anonymität, Orientierungslosigkeit und Hektik dichterisch verarbeitet.
    2. Der Krieg wird anfangs noch positiv gesehen, denn die Expressionisten erhoffen sich von ihm Veränderung. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs entstehen dann eher Texte, in denen das Leid des Krieges dargestellt wird und die Autoren ihre Fronterfahrungen verarbeiten.
    3. Das Hässliche wird im Expressionismus nicht tabuisiert. Themen wie Verfall und Krankheit oder Tod stehen im Mittelpunkt. Besonders bekannt dafür ist Gottfried Benn und seine Gedichtsammlung „Morgue“ (Leichenschauhaus).
  • Fasse zusammen, welche Stilmerkmale für die Lyrik des Expressionismus charakteristisch sind.

    Tipps

    „Gebären, Tod, gewirktes Einerlei,

    Lallen der Wehen, langer Sterbeschrei,

    Im blinden Wechsel geht es dumpf vorbei. [...]“

    Diese Strophe aus Georg Heyms Gedicht „Die Stadt“ von 1911 zeigt einige Stilmerkmale auf.

    Lösung

    Einige der typischen Stilmerkmale der expressionistischen Lyrik kannst du im Gedicht „Die Stadt“ von Georg Heym erkennen:

    „Gebären, Tod, gewirktes Einerlei,
    Lallen der Wehen, langer Sterbeschrei,
    Im blinden Wechsel geht es dumpf vorbei. [...]“

    • Der Telegrammstil ist ein literarisches Verfahren, um Umstände, Begebenheiten und Phänomene in sprachlich knappster, konzentrierter Form ohne die Verwendung von Füllwörtern zu beschreiben.
    • Bei Worthäufungen handelt es sich um Häufungen von Inhaltswörtern und nicht von Funktionswörtern wie Artikeln, Präpositionen oder Füllwörtern.
    • Expressionistische Texte wirken oft dynamisch. Dies wird durch den Einsatz von aussagekräftigen Verben erreicht.
    • Wortneubildungen (Neologismen) sind ebenfalls typisch für diese Epoche, so werden neue sprachliche Bilder kreiert.
    • Ironische Übertreibungen, Pathos und eine besondere Satzstruktur sind weitere Merkmale expressionistischer Schreibweisen.
  • Ordne die Werktitel der jeweils passenden Gattung zu.

    Tipps

    Wandlungsprozesse waren oft Thema in Dramen.

    Bei den Werken von Heinrich Mann handelt es sich um Romane.

    Lösung

    Im Expressionismus wurden Werke in allen drei Hauptgattungen geschrieben.

    1. Besonders beliebt waren lyrische Texte, also Gedichte. „Morgue“ ist eine Gedichtsammlung von Gottfried Benn, der für die Stilisierung einer „Ästhetik des Hässlichen“ bekannt ist. Jakob van Hoddis' Gedicht „Weltende“ nimmt die Katastrophe des Ersten Weltkriegs vorweg. Georg Heyms „Der Krieg“ gehört zur frühexpressionistischen Kriegslyrik.
    2. Das expressionistische Drama war dafür bekannt, dass es sich aus einzelnen, meist unverbundenen Elementen, Stationen und Bildern zusammensetzte. Es wurde daher auch Stationendrama genannt. Ernst Tollers „Die Wandlung“ ist ein typisches Beispiel.
    3. Die Epik, also die erzählende Literatur, war im Expressionismus von geringerer Bedeutung. Die Romane „Der Untertan“ und „Professor Unrat“ von Heinrich Mann sind dennoch berühmte Beispiele expressionistischer Epik. Außerdem können auch in manchen Erzählungen Franz Kafkas und im Roman „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin expressionistische Elemente gefunden werden.
  • Charakterisiere das expressionistische Drama.

    Tipps

    Fülle zunächst die Lücken, bei denen du dir sicher bist. Das erleichtert die Wahl in schwierigeren Fällen.

    Häufig treten in diesen Dramen Figuren auf, die als „Väter“, „Töchter“ usw. beschrieben, darüber hinaus aber kaum persönlich charakterisiert werden.

    Lösung

    Das Stationendrama ist die von expressionistischen Dramatikern am häufigsten verwendete Form. Es zeichnet sich durch seine offene Form aus, denn die einzelnen Stationen folgen unverbunden aufeinander.

    Es ist meist nur die Hauptfigur, die die Verknüpfung der Szenen leistet. Sie durchläuft für gewöhnliche einen Wandlungsprozess und steht im Konflikt mit der Gesellschaft oder beispielsweise einer dominanten Vaterfigur. Typisch ist, dass die Figuren nur Typen bleiben, also ihr Charakter nur in Bezug auf ihre Rolle als bestimmter Typ beschrieben wird.

    Ein Klassiker unter den Stationendramen ist Ernst Tollers „Die Wandlung“. Bertolt Brecht dagegen ist bekannt für die Entwicklung des epischen Theaters. Bei Aufführungen von expressionistischen Theaterstücken wird mit ausdrucksstarken Mitteln wie Musik, Tanz und Pantomime gearbeitet. Auch auf das Bühnenbild wird besonders geachtet, um die Handlung zu verdeutlichen. Dies wird durch Lichteffekte noch unterstützt.

  • Nenne das historische Ereignis, welches die Epoche des Expressionismus prägte.

    Tipps

    Der Expressionismus wird auf die ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts datiert.

    Lösung

    Der Erste Weltkrieg von 1914 - 1918 prägte die Epoche des Expressionismus, die auf die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts datiert ist. Anfangs waren positive Erwartungen mit dem Krieg verbunden, so groß war die Hoffnung auf Veränderung - aber es stellten sich schnell Ernüchterung und Pazifismus ein, also eine ablehnende Haltung gegenüber dem Krieg.

    Die anderen genannten historischen Ereignisse waren für andere literarischen Epochen bedeutend:

    • Der Dreißigjährige Krieg von 1618 - 1648 prägte die Epoche des Barock.
    • Die Märzrevolution von 1848 war bedeutend für den Realismus.
    • Und der Zweite Weltkrieg von 1939 - 1945 führte zu literarischen Bewegungen wie der Inneren Emigration, der Exilliteratur und der Trümmerliteratur.
  • Ordne die Epoche des Expressionismus literaturhistorisch ein.

    Tipps

    Drei der genannten Epochen sind auf das 19. Jahrhundert datiert, die anderen drei sind im 20. Jahrhundert zu verorten.

    Die Jahrhundertwende trennt Naturalismus und Expressionismus.

    Eine bürgerliche Revolution trennt Realismus und Biedermeier.

    Lösung
    1. Die Epoche des Biedermeier beginnt in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts und endet 1848. Das Jahr wurde als Grenze gewählt, weil hier die bürgerliche Revolution, die sogenannte Märzrevolution, stattfand.
    2. Hier setzt der Realismus ein, aus dem schließlich der Naturalismus hervorgeht, der von etwa 1880 bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts andauert.
    3. Darauf folgt die Epoche des Expressionismus, die bis etwa 1925 datiert ist.
    4. Mit Adolf Hitlers Machtergreifung und der Bücherverbrennung von 1933 setzte eine Auswanderungswelle von Autoren ein, die dann Exilliteratur schrieben.
    5. Die Postmoderne ist von ca. 1980 bis zur Gegenwart zu verorten.
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