„Frau Jenny Treibel“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Fontane)
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Grundlagen zum Thema „Frau Jenny Treibel“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Fontane)
Die Figuren und Handlungen des Romans "Frau Jenny Treibel" entfalten den Gegensatz zwischen Besitzbürgertum und Bildungsbürgertum.Jenny Treibel, eine reiche Vertreterin des Besitzbürgertums, verhindert die Hochzeit ihres Sohnes mit der Tochter eines Bildungsbürgers ohne Vermögen.
Transkript „Frau Jenny Treibel“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Fontane)
Theodor Fontane: Frau Jenny Treibel - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte
Was ich dir wichtiger: Reichtum oder Bildung? Im Roman "Frau Jenny Treibel" beantworten die handelnden Figuren diese Frage je nach ihrer eigenen gesellschaftlichen Stellung. Corinna Schmidt will den Aufstieg aus dem Bildungsbürgertum, zu dem sie durch ihren Vater, den Gymnasialehrer Schimdt gehört. Sie will zum Besitzbürgertum gehören. Die Frau, die ihre Schwiegermutter werden soll, verhindert dies. So bleiben Besitz- und Bildungsbürgertum jeweils unter sich.
Corinna lernt im Laufe des Romans dazu. Zu Beginn des Romans sagt sie: "Jugend ist gut. Aber Frau Kommerzienrätin ist [...] noch besser". Nach ihren Erfahrungen im Roman bezeichnet sie jedoch Jenny Treibel als "furchtbare Frau". Sie heiratet nicht Leopold, also den Mann, um den sie geworben hat. Dieser hätte ihr finanziellen und gesellschaftlichen Aufstieg bieten können. Durch ihre Heirat mit Marcell bleibt sie der bildungsbürgerlichen Welt des Vaters verhaftet, der sie eigentlich entfliehen wollte.
Der Roman ist einerseits komödienhaft unterhaltsam angelegt, andererseits aber auch als Gesellschaftskritik am Besitzbürgertum. Die Konfrontation zwischen Bildungsbürgertum und Besitzbürgertum steht im Mittelpunkt. Die Gegensätze zwischen beiden, aber auch die Berührungspunkte werden in den Protagonisten und Handlungen beispielhaft geschildert. Fontane stellt damit die Welt des Deutschen Kaiserreichs nach 1871 vor. Vom Adel angefangen bis hin zur Arbeiterschaft sind alle sozialen Stände vertreten. Die tragenden Rollen jedoch sind bürgerliche.
An der Spitze des Besitzbürgertums steht Jenny Treibel, an der Spitze des Bildungsbürgertums Professor Wilibald Schmidt. Schon durch die Freundschaft zwischen den beiden und durch das frühere Werben Schmidts um Jenny sind Besitz- und Bildungsbürgertum miteinander verwoben. Corinna plant eine weitere Verbindung der beiden Gruppen des Bürgertums durch ihre Heirat mit Leopold Treibel, dem Sohn Jennys.
Kennzeichnend für den Roman sind aber vielmehr die Gegensätze. Zu Beginn des Romans wird die Romanheldin vorgestellt. Sie trifft im vornehmen Landauer ein, einer vornehmen Kutsche also, die ein Statussymbol der Reichen ist. Jenny ist "mit Geschmack und Sorglichkeit gekleidet". Sie tritt in Schmidts Treppenhaus ein. Dieses Haus kann mit Jennys Reichtum nicht mithalten, denn die Stufen sind abgetreten und es riecht nach "Rührkartoffeln". Der Unterschied beider Schichten zeigt sich somit nicht nur in den Charaktereigeschaften der Figuren, sondern auch in der Darstellung der Umgebung.
Der Schluss des Romans verstärkt diesen Gegensatz noch: Beide Lager bleiben bei der Partnerwahl unter sich. Corinna heiratet den Bildungsbürger Marcell Wedderkopp, Leopold wird die reiche Hildegard bekommen. Dies geschieht nicht zuletzt unter dem Einfluss Jenny Treibels.
Corinna ist eine typische Frau des 19. Jahrhunderts. Es ist für sie eine bittere Erkenntnis, dass sie nur durch Heirat ihre Verhältnisse bestimmen oder verändern kann. Nur durch die Heirat mit Leopold Treibel kann sie der Vaterwelt entkommen und sich weiterentwickeln. Dieser Plan scheitert am Willen der Mutter Jenny, ihren Sohn nicht bildungsbürgerlich, sondern besitzbürgerlich zu verheiraten. Marcell ist besser für Corinna als Leopold, denn er repräsentiert die Verhältnisse, mit denen sie sich am besten auskennt. Aber er ist eben auch nur eine jüngere Variante des eigenen Vaters. Corinna lebt vorher wie nachher in einer Art bildungsbürgerlichem, geistigem Gefängnis.
Jenny Treibel hält eine Ehe mit einer vergleichsweise armen jungen Frau aus dem Bildungsbürgertum für nicht lukrativ/profitabel genug, so wie sich selbst auch gegen eine Ehe mit Schmidt entschieden hat. Bildung, Geist und Poesie sind also nicht wertvoll genug, um als Gegengewicht zum Reichtum zu fungieren. Genau hier liegt Fontanes kritischer Ansatzpunkt: Das oberflächliche Streben des Bourgeois (also des Besitzbürgers) nach Reichtum und Ansehen erscheint ihm kritikwürdig. Jenny gibt zwar vor, der Dichtung zugetan zu sein, wenn sie die Schlusszeile ihres Lieblingsliedes zitiert. Sie scheint nach Höherem, nach Bildung und Poesie zu streben. In Wahrheit aber wird dies als Oberflächlichkeit entlarvt: Für sie sind nur Besitz und gesellschaftliches Ansehen das Höhere.
Die Leser empfanden den Roman als typischen Bourgeoisie-Roman. "Frau Jenny Treibel" wurde ein großer Publikumserfolg. Auch die Kritik war dem Werk zugetan. Es sei "eine Charakter- und Gesellschaftsstudie ersten Ranges" heißt es in einer Rezension (also einer Buchbesprechung). Es gibt vier Verfilmungen des Stoffes, davon zwei aus der damaligen DDR und zwei aus der Bundesrepublik.
Wofür hast du dich entschieden? Für Reichtum oder für Bildung? Für Corinna entscheidet Jenny Treibel. Corinna wird ihren Stand, das Bildungsbürgertum, nicht verlassen.
„Frau Jenny Treibel“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Fontane) Übung
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Gib wieder, wie „Frau Jenny Treibel” vom Publikum rezipiert wurde.
TippsÜberlege noch einmal, wie viele Filme in der DDR und wie viele in der BRD gedreht wurden.
LösungDer Roman von Theodor Fontane wurde folgendermaßen vom Publikum rezipiert:
- „Frau Jenny Treibel” wurde vom Publikum gut aufgenommen. Es war ein Publikumserfolg. Das lag nicht zuletzt am Unterhaltungswert der Komödie.
- Der Roman wurde als typischer Bourgeoisie-Roman empfunden. Dementsprechend kam er auch besonders im Bürgertum gut an.
- „Frau Jenny Treibel” wurde je zwei Mal in der DDR und zweimal in der BRD verfilmt.
- In einer Rezension wurde „Frau Jenny Treibel” als „Charakter- und Gesellschaftsstudie ersten Ranges” bezeichnet. Es gab noch viele andere positive Rezensionen.
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Beschreibe Corinnas Situation als typische bildungsbürgerliche Frau des 19. Jahrhunderts.
TippsÜberlege noch einmal, wen Corinna am Ende heiratet.
LösungIn „Frau Jenny Treibel” wird mit Corinna eine typische Frau des 19. Jahrhunderts im Bildungsbürgertum dargestellt. Sie startet Emanzipationsversuche, aber scheitert letztendlich trotzdem.
- Die Tatsache, dass sie nur durch Heirat ihre Verhältnisse verändern kann, ist für Corinna eine bittere Erkenntnis. Sie ist eine intelligente junge Frau.
- Durch die Heirat mit Lepopold könnte sie aus der Vaterwelt entkommen. Leopold ist Jenny Treibels Sohn und dem Besitzbürgertum angehörig.
- Letztendlich ist ihr Zukünftiger Marcell doch nur ein jüngeres Abbild ihres Vaters.
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Analysiere, welche Familie aus dem Werk der jeweiligen Darstellung der Familie des 19. Jahrhunderts entspricht.
TippsWilibald ist verwitwet. Hilft dir das weiter?
Lösung- In der Familie Treibel liegt eine typische Geschlechterrollenverteilung vor. Jenny Treibel ist die besitzbürgerliche Mutter und kümmert sich um die Kinder. Der Kommerzienrat ist derjenige, der das Geld verdient und sich bei der Erziehung im Hintergrund hält. Es wurde klar aus einem materiellen Bestreben heraus geheiratet und nicht aus romantischer Liebe. Die Kinder werden streng und bestimmt erzogen. Das Familienleben wird idealisiert und die Familie ist im weitesten Sinne geschlossen.
- Familie Schmidt ist der Gegensatz des idealen Familienbilds des 19. Jahrhunderts. Sie besteht zwar aus mehreren, aber trotzdem nicht zueinander gehörigen Familienmitgliedern. Wilibald ist verwitwet, genauso wie die Haushälterin Rosalie Schmölke. Statt fester Rollenverteilung gibt es allerdings auch mehr Freiraum für die einzelnen Familienmitglieder und ihren Platz in der Gesellschaft. So ist Wilibald nachsichtig, als Corinna nicht Marcell, sondern Leopold heiraten möchte. Im weitesten Sinne gehört auch Marcell der Familie an.
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Entscheide dich für plausible Interpretationen des Schlusses von „Frau Jenny Treibel”.
TippsÜberlege noch einmal, ob biografische Parallelen die einzige Grundlage einer Interpretation sein sollen.
Hat Corinna wahre Gefühle für Marcell?
Lösung- Am Ende heiratet Corinna Marcell. Damit wollte der Autor wahrscheinlich zeigen, dass wahre Gefühle das einzige Richtige sind. Außerdem beugt sie sich dem Willen ihres Vaters, was zu der Zeit geläufig war. Angelehnt an den poetischen Realismus hat Fontane also wirkliche Verhältnisse abgebildet. Die Antwort ist nicht plausibel, da Corinna Marcell eher als Kompromiss heiratet. Trotzdem ist es nicht die reine Umsetzung von Wilibalds Wunsch. Er hat ihr den Freiraum gelassen, Leopold zu heiraten, doch Jenny Treibel hat dies verhindert.
- Jenny Treibel setzt sich durch. Damit wollte Theodor Fontane seine Schwester in einem schlechten Licht dastehen lassen. Wahrscheinlich hatten die beiden ein angespanntes Verhältnis. Der Ansatz ist schwierig, da biografische Anhaltspunkte zwar zur Interpretation herangezogen werden können, aber nicht die alleinige Grundlage darstellen sollten.
- Alle finden am Ende eine/-n passende/-n Partner/-in. Der Unterhaltungswert der Komödie steht eindeutig im Fokus. Möglicherweise hat Theodor Fontane dabei auch sein lesendes Publikum im Sinn gehabt. Dass Jenny Treibel sich durchgesetzt hat, unterstreicht, wie bestimmt sie ist. Das deutet auf das Verhalten des Bildungsbürgertums zu der Zeit hin. Im Ansatz wird dieses damit zwar kritisiert, aber durch die Verpackung in einer Komödie nicht weiter ausgeführt.
- Am Ende heiratet Corinna Marcell. Sie kann zwar nicht aus ihrem bildungsbürgerlichen Gefängnis ausbrechen, jedoch hat sie einen Partner gefunden. Das Besitzbürgertum mit Jenny Treibel an der Spitze hat sich durchgesetzt und bleibt unter sich. Wahrscheinlich wollte der Autor damit wirkliche Zustände der Zeit abbilden. Ob das „bildungsbürgerliche Gefängnis” kritisiert wird, ist unklar. Allerdings wäre dieses von beiden Seiten aufrechterhalten, da Jenny Treibel am Ende Corinnas Entkommen verhindert. Auch Wilibald möchte, dass seine Tochter innerhalb des Bildungsbürgertums heiratet und hat gewisse Standesdünkel.
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Fasse die Verbindungen von Bildungsbürgertum und Besitzbürgertum in „Frau Jenny Treibel” zusammen.
TippsÜberlege noch einmal, in welche Schicht Corinna sich einheiraten möchte.
Waren Jenny und Wilibald zusammen oder nur Freunde?
Lösung- Die soziale Schicht des Bürgertums ist dem Adel untergeordnet und steht über den einfachen Leuten. Man kann das Bürgertum in Besitzbürgertum und Bildungsbürgertum unterteilen.
- Die beiden Untergruppen waren schon immer durch die Freundschaft zwischen Wilibald und Jenny Treibel verbunden.
- Außerdem warb Wilibald in jüngeren Jahren um Jenny. Er schrieb ihr sogar ein Gedicht, das sie bei jeder Gelegenheit vorträgt.
- Wilibalds Tochter Corinna plant eine weitere Verbindung, da sie Jennys Sohn Leopold heiraten will. Damit möchte sie zu Reichtum und sozialem Ansehen gelangen.
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Ermittle die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung in Jenny Treibels Handeln.
TippsÜberlege noch einmal, wie Ökonomie und Kapital zusammenhängen.
Lösung- Jenny Treibel will die Ansicht weitergeben, dass Reichtum die Basis eines glücklichen Lebens ist und will, dass ihre Söhne besitzbürgerliche Frauen heiraten. Diese Ansicht vertritt allerdings auch Corinna.
- Jenny nimmt ihren Söhnen die meisten Entscheidungen ab. Dass die „Charakterschwäche” beziehungsweise das fehlende Entscheidungsvermögen eher das Resultat dieser Erziehung ist, sieht sie nicht.
- Sie versucht die Persönlichkeitsbildung ihrer Söhne zu fördern. Gegen den Adel anzustreben war im 19. Jahrhundert typisch für das Besitzbürgertum. Ihm untergeordnet hegten Menschen dieser Schicht Groll.
- Sie heiratete aus rein ökonomischen Absichten, weil sie die Familie als Kapitalgemeinschaft sieht. Der reiche Kommerzienrat war für sie gleichbedeutend mit einem glücklichen Leben. Deshalb entschied sie sich gegen Wilibald.
- Bei Jenny Treibel ist die Liebe zur Poesie in Wirklichkeit nichts als oberflächliches Gerede. Das soziale Ansehen und der Wohlstand sind ihr wichtiger als Bildung.
- Sie will nicht, dass ihr Sohn Leopold Corinna heiratet, da sie im Ideellen, was das Bildungsbürgertum verkörpert, keinen Profit sieht. Den intellektuellen Wert sieht sie dabei nicht.
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