„Tauben im Gras“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Koeppen)
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Grundlagen zum Thema „Tauben im Gras“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Koeppen)
Koeppen beobachtet und beurteilt in seinem Roman "Tauben im Gras" die deutsche Nachkriegsgesellschaft. Sie ist nach wie vor gezeichnet von Rassismus, Vorurteilen, Ruhmsucht und anderen negativen Eigenschaften. Die Vergangenheit des Nationalsozialismus wirkt also ungehindert fort. Für Koeppen ist folglich das Ende des Zweiten Weltkrieges keine Stunde Null, kein radikaler Neuanfang. In seinem Roman offenbart Koeppen sein Selbstverständnis als Künstler. Die ersten Reaktionen auf den Roman waren verhalten, erst später erfolgte Anerkennung.
Transkript „Tauben im Gras“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Koeppen)
Wie wurde Koeppens Roman vom Publikum aufgenommen? Die zeitgenössischen Kritiker, die ihre Welt auf düstere Weise gespiegelt sahen, waren wenig begeistert. Koeppens Schreibweise war ungewohnt. Er stilisierte sich selbst zum Außenseiter. Die dargestellten Figuren und das komplexe Handlungsgeflecht waren verwirrend. Je nach der eigenen Weltsicht fiel die Kritik mitunter heftig aus.
Später setzte sich mehr Verständnis für den Romans durch. Vor allem nach 1968 wurde der Roman durchaus geschätzt.
Als Zeitgenosse schildert und bewertet Koeppen die deutsche Realität im Jahre 1951. Die sogenannte Stunde Null, der 8. Mai 1945, markiert für Koeppen keinen Bruch.
Die Hauptursache hierfür, die sich für ihn abzeichnet, ist das Fortwirken der nationalsozialistischen Vergangenheit in die Gegenwart hinein. Er beobachtet eine Kontinuität, so etwa im Rassismus der Menschen gegenüber Farbigen. Koeppen nimmt die Nachkriegsgesellschaft deshalb als krank wahr.
Der Roman spiegelt die bedrohliche Situation Deutschlands als Spielball zwischen den beiden großen Mächten USA und Sowjet-Union. Die junge Bundesrepublik versuchte, an die Traditionen der demokratischen Weimarer Republik anzuknüpfen und wirtschaftlichen Erfolg aufzubauen. Hierfür tritt die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der jüngeren Vergangenheit in den Hintergrund.
Dabei sieht Koeppen die zerstörerischen Kräfte der Vergangenheit fortwirken. Die Vergangenheit wirkt in allen Protagonisten. Sie sind alle Scheiternde. Dies betrifft Sieger und Besiegte, Weiße und Farbige, Deutsche und Amerikaner. Sie alle wurden vom Krieg aus der Bahn geworfen. Es herrschen nach wie vor Rassismus und Eitelkeit, Vorurteile und Ruhmsucht vor. Der Krieg kann jederzeit wieder ausbrechen.
Mit dieser Zeitdiagnose ist Koeppens Selbstbild als zeitkritischer Schriftsteller verbunden. Er betrachtet die Zeitkritik als die Aufgabe des Schriftsteller und überhaupt des Künstlers. Aber diese Zeitkritik ist wirkungslos. So erklärt sich die Düsternis des Romans. Viele Protagonisten in dem Roman sind Künstler. Auch sie scheitern an der Vergangenheit.
Philipp kann keine Zeile schreiben, ein Interview bringt er nicht zustande. Auch Mr. Edwin gelingt es nicht, sich verständlich zu machen und zu wirken, dafür schweift er viel zu weit ins abendländische Denken ab. Er ist zu wenig der Gegenwart seiner Zuhörer verbunden. Beide sind unfähig, mit der neuen Zeit zurechtzukommen, weil die Abrechnung mit der Vergangenheit noch aussteht. Diese Unfähigkeit zeigt sich bei beiden symbolisch in den Schwierigkeiten im Umgang mit der modernen Technik.
Die Künstlerfiguren im Roman offenbaren Koeppens Selbstbild als Künstler. Für Koeppen ist die beobachtende und kritische Distanz zu der Gesellschaft von elementarer Bedeutung für den Künstler. Auch die Selbstreflexion ist für die künstlerische Existenz notwendig.
Zusammenfassung
Es ist eine erst allmähliche Anerkennung des Romans bei Publikum und Kritik zu beobachten. Der Roman wurde zunächst häufig als ein Zeitroman betrachtet, der gegen Faschismus, Neofaschismus und Wirtschaftswunderzeit gerichtet ist. Seine Aggressivität fanden viele Zeitgenossen überflüssig, seine Düsterkeit wurde gerügt.
Später fanden die Romane Koeppens in dem berühmten Kritiker Marcel Reich-Ranicki einen prominenten Fürsprecher. Auch die Generation der revoltierenden Studenten nach 1968 reagierte positiv auf das Buch. Sie schätzten es, dass Koeppen das Fortwirken des Nationalsozialismus auch in der Zeit nach 1945 gebrandmarkt hat. Dies war auch für sie ein wichtiges Thema.
Man kann also feststellen, dass Koeppen mit seinem Porträt der Nachkriegszeit zu früh kam. Die deutsche Öffentlichkeit der 50er Jahre war noch zu sehr mit Kriegsschilderungen und dem Wiederaufbau beschäftigt.
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