Wie stehen die Figuren im Roman "Tauben im Gras" zueinander? Diese Frage ist nicht allzu leicht zu beantworten. Es treten sehr viele Figuren auf, die erst im Laufe des Textes durch Charakter, Denken, Reden, Handeln und andere Eigenschaften ein individuelles Profil entwickeln. Diese Figuren lassen vor allem durch bestimmte Gemeinsamkeiten in Gruppen fassen und charakterisieren.
Die einzelnen Personengruppen
Es gibt recht viele Gruppen, die hier relevant sind. Es treffen Angehörige der amerikanischen Besatzungsarmee und Zivilisten aufeinander, Armeeangehörige beider Seiten, Einheimische und Fremde, Farbige und Weiße. Es gibt Männer, Frauen und Kinder. Die Gruppen lassen sich wie folgt fassen:
- Um die Kunst gruppieren sich Schriftsteller, Musiker, Maler, Schauspieler und schließlich auch das Publikum.
- Zur Gruppe Krieg gehören Soldaten, Emigranten und Verweigerer.
- Die Gruppe der Nationen umfasst Amerikaner und Deutsche.
- Nach dem Kriterium der Hautfarbe lassen sich Farbige bzw. Afroamerikaner und Weiße unterscheiden.
- Frauen treten im Roman vorwiegend als Ehefrauen, Partnerinnen und Lehrerinnen auf.
- Die Kinder sind Ezra und Heinz.
- Jeweils ein Paar bilden:
- Alexander - Messalina
- Herr Behrend - Frau Behrend
- Herr Behrend - Vlasta
- Philipp - Emilia, Kay
- Ezra - Heinz
- Christopher Gallagher - Henriette
- Odysseus Cotton - Josef
- Carla - Washington Price
Gemeinsamkeit Krieg
Darüber hinaus lassen sich Gemeinsamkeiten festhalten, die alle Personen des Romans miteinander verbinden: Sie waren alle dem Einfluss des Krieges ausgesetzt. Der Krieg hat sie allesamt aus der Bahn geworfen. Die Protagonisten leiden unter den Folgen des Krieges, unter kriegsbedingten Traumatisierungen.
Der Nachkriegszustand der Menschen zeichnet sich dadurch aus, dass alle Personen ständig in Bewegung sind, ohne wirklich voranzukommen. Sie sind wie leer gebrannt und dementsprechend erfolglos. Philipp will sich von Emilia trennen. Messalina und Alexander gehen ebenfalls getrennte Wege. Alltäglicher Überlebenswille, Erwerbstrieb, Sexualtrieb und Geltungsdrang treiben die Figuren vor sich her. Sie sind alle Gescheiterte.
Gemeinsamkeit Lebensgefühl der Angst und Einsamkeit
Gemeinsam ist ihnen auch das Lebensgefühl. Es ist von Angst und Einsamkeit geprägt. Dieses individuelle Lebensgefühl ist trotz unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Biografien bei allen gleich.
Die Angst steuert als alles dominierende Kraft der Gesellschaft sowohl das individuelle als auch das kollektive Verhalten. Man hat Angst vor der eigenen Gegenwart und Zukunft, aber auch Angst um die politische, kollektive Zukunft. Diese Angst vereinzelt den Menschen. Der Mensch ist also einsam.
Gemeinsamkeit Passivität
Ferner kann man alle Figuren als passiv charakterisieren. Sie handeln zwar, aber in noch höherem Maße wird mit ihnen gehandelt. Sie erdulden etwas, sie leiden, werden gejagt. Das Scheitern und die Angst verdichten sich zu einem allen gemeinsamen, alles überdeckenden Grundton. Melancholie liegt in der Luft, ebenso die Düsterkeit. Figuren, Konflikte und Milieus sind von einer ablehnenden, feindlichen Welt umgeben.
Gemeinsamkeit Verknüpfung der Personen
Ein weiteres Merkmal, dass die Personen miteinander teilen, ist die Verknüpfung zwischen den Personen. Ihre Schicksale sind miteinander verwoben. Philipp beispielsweise strebt Mr. Edwin nach und wird mit ihm verwechselt.
Zusammenfassung
Die große Zahl handelnder Personen in zahlreichen Erzählabschnitten wird unterschiedlich deutlich profiliert. Manche bleiben schemenhaft, andere lernt der Leser gut kennen. Das Verhalten und Denken der Personen ist in Erzählsequenzen zergliedert. Diese Sequenzen verlaufen oft gleichzeitig - schließlich wird ja nur ein einziger Tag geschildert. Meist treten die Figuren nur kurz auf, verschwinden und kehren später wieder.